"Hochspekulativ":Kommission erneuert Kritik an Österreich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Die Krise hat in den EU-Haushalten Spuren hinterlassen, fast alle Länder verstoßen gegen den Eurostabilitätspakt. Die Schulden werden in EU und Eurozone bis 2012 wachsen und sollten dann langsam sinken. Durchschnittlich wird die Schuldenquote am Zenit 83,3 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung betragen.
Österreich wird seine höchste Staatsverschuldung mit 75,5 Prozent des BIP 2013 erreichen, bevor eine allmähliche Erholung auf 75,1 im Jahr darauf eintritt. Da setzt die Kernkritik der EU-Kommission an: Die Experten von Wirtschaftskommissar Olli Rehn fordern von der Regierung in Wien erneut einen rascheren Defizitabbau, striktere Zugangsbeschränkungen zur Frühpension und die Reduzierung der effektiven Steuer- und Sozialabgabenbelastung der Arbeit – vor allem für niedrige Einkommensstufen. Österreichs Plan, bis 2014 auf ein Defizit von 2,4 Prozent zu kommen, sei zum Teil "hochspekulativ", Sparmaßnahmen auf Landes- und Gemeindeebene unklar.
Das geht aus dem Bericht "Öffentliche Finanzen in der Europäischen Währungsunion 2011" hervor, den die Behörde am Montag vorlegte. Rehn selbst sagte seine Präsentation kurzfristig aus privaten Gründen ab.
Der Stabilitätspakt schreibt den Euroländern eine Schuldenobergrenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung vor, das Haushaltsdefizit dürfte höchstens drei Prozent betragen. Derzeit laufen allerdings gegen 23 der 27 Eurostaaten EU-Verfahren wegen übermäßigen Defizits. Nur Estland, Finnland, Luxemburg und das Nicht-Euro-Land Schweden erfüllen derzeit beide Bedingungen. Nicht zuletzt wegen milliardenschwerer Konjunkturprogramme und teurer Bankenrettungen ist die EU-Verschuldung von 59 Prozent im Jahr 2007 um mehr als 20 Prozentpunkte angestiegen. Bis 2014 sollte sich der Schuldenberg auf dem Niveau von 2010 stabilisieren, sagen die Experten. Dann soll der Schnitt in der Eurozone bei 85,1 Prozent für die Eurozone und 79,9 Prozent in der EU liegen.
Dafür müssten die Mitgliedstaaten, die unter dem Druck der Märkte stehen, dringend ihre Einsparungsziele erreichen und notfalls zusätzliche Anstrengungen unternehmen, teilte Rehn per Aussendung mit. Extrembeispiel ist Griechenland, dessen Verschuldung sagenhafte 166 Prozent seiner dramatisch sinkenden Wirtschaftsleistung (minus fünf Prozent) erreichen wird. Irland und Portugal weisen Verschuldungsquoten von mehr als 100 Prozent auf, erhielten für ihre Konsolidierungskurse zuletzt aber gute Kritiken von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds. Mehr Sorgen machen die Italiener: Mit einer Schuldenquote von fast 120 Prozent des BIP könnte die viertgrößte Wirtschaft der EU in absehbarer Zeit in Bedrängnis kommen.