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Schuldenkrise legt den Markt für Börsengänge nahezu lahm

Von Karl Leban

Wirtschaft

Auch Konjunkturängste lösten im Juni IPO-Flaute aus - in Europa und den USA.


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Wien. Zumindest derzeit ist der Markt für Börsengänge de facto tot. Erstmals seit 20 Jahren gab es im Juni europaweit keinen einzigen Börsengang (IPO) mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Dollar, wie aus einer Analyse der Beratungsfirma Ernst & Young hervorgeht. Schuld daran sind die verschärfte Euro-Krise, die schwächelnde globale Konjunktur und die zuletzt wieder wesentlich stärker gewordenen Kursschwankungen an den Finanzmärkten. Auch in den USA herrscht aktuell große Flaute: Dort wagte im Juni - nach dem verpatzten IPO des Freunde-Netzwerks Facebook im Monat davor - kein einziges Unternehmen den Sprung aufs Parkett.

"Die Staatsschuldenkrise in Europa ist natürlich Gift für das IPO-Klima", sagt Eva-Maria Berchtold von Ernst & Young. "Sowohl Investoren als auch IPO-Kandidaten scheuen diese Unsicherheit und warten auf bessere Zeiten." Sollte sich aber eine Lösung der Krise abzeichnen, die auch die Kapitalmärkte überzeugt, könnte sich das IPO-Fenster rasch wieder öffnen. Berchtold: "Wir sollten das Jahr 2012 noch nicht abschreiben."

Besonders traurig sieht es momentan in Österreich aus: An der Wiener Börse kam es heuer bisher noch zu keinem einzigen IPO (Initial Public Offering), nachdem es im vergangenen Jahr nach langer Durststrecke immerhin zwei gegeben hatte - den des Aluminium-Herstellers Amag und den der Österreichischen Staatsdruckerei. "Ob sich 2012 noch ein Börsenfenster auftut, ist fraglich", meint Berchtold.

China weiter am aktivsten

Auch rund um den Erdball hat sich das IPO-Klima zuletzt deutlich eingetrübt. Waren im April und Mai weltweit noch 173 Börsengänge abgewickelt worden (sie spülten alles in allem 36 Milliarden Dollar in die Kassen der Emittenten), wurden im Juni nur noch 33 Börsengänge im Gesamtvolumen von sechs Milliarden Dollar registriert.

Ernst & Young zufolge sind die aufstrebenden Schwellenländer im bisherigen Jahresverlauf wie bereits in den Vorjahren die größten Treiber des IPO-Marktes. Auf sie entfielen allein im zweiten Quartal 65 Prozent aller Börsengänge. Wobei China weiterhin der weltweit aktivste IPO-Markt ist - allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau als im Vorjahr. So gingen im Reich der Mitte 71 Firmen an die Börse und erlösten dabei 8,2 Milliarden Dollar (2011 hatte es im zweiten Quartal noch 108 IPOs im Gesamtwert von 20,4 Milliarden Dollar gegeben).

Der mit Abstand größte Börsengang im zweiten Quartal war der von Facebook (16 Milliarden Dollar Erlös), gefolgt vom 3,1-Milliarden-Dollar-IPO des malaysischen Agrarkonzerns Felda Global Ventures.