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Die Krise hält sich nicht ans Drehbuch. Eigentlich sollten die explodierenden Staatsschulden erst abgebaut werden, wenn die Konjunktur auf festeren Beinen steht. So viel Zeit ist vielen Staaten aber nicht vergönnt. Denn das letzte Wort haben jene Investoren, welche die Staatsschulden kaufen sollen. Sie sind ungeduldiger geworden - siehe Griechenland, das gar keine leistbaren Kredite mehr bekommt.
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Deshalb muss jetzt alles gleichzeitig passieren: Die Staaten dürfen das Wachstum nicht ersticken, damit die Arbeitslosigkeit nicht noch steigt. Sie senken dennoch die Ausgaben und erhöhen (für die Konjunktur noch schlechter) die Steuern. Lob können sie trotzdem nicht erwarten: Die Ratingagentur Fitch hatte Spanien just bestraft, weil es einen Sparkurs ankündigte - dieser dämpfe das Wachstum. Das klang wie Hohn: Zuvor hatten die Agenturen Einsparungen gefordert.
Es scheint, als säßen die Staaten in der Doppelmühle, bei der sie mit jedem Zug verlieren. Sind nun die Schulden das Problem oder die Sparmaßnahmen? Muss rigide gekürzt oder weiter investiert werden?
Das eigentliche Problem ist jenes Schwarzweiß-Denken, das leider auch Österreichs Politik dominiert. Einzig Wirtschaftsforscher Karl Aiginger hat erkannt, dass beides passieren muss: Rigide Einsparungen bei unsinnigen Pfründen und Verwaltungskosten, dafür intelligente Investitionen in alles, was Jobs, Wachstum und eine bessere Wettbewerbsposition bringt. Der Widerhall bei SPÖ und ÖVP: gering.
Auf globaler Ebene wollen die USA, dass die Deutschen die Wirtschaft ankurbeln. Diese kehren lieber den Spar(welt)meister hervor.
Nobelpreisträger Paul Krugman (als Prophet eines österreichischen Staatsbankrottes in unheilvoller Erinnerung) befürchtet gar ein "verlorenes Jahrzehnt", wenn alle zugleich sparen.
Den Begriff kennt man aus Japan für die Zeit nach 1990: Dort haben freilich hohe Staatsausgaben nichts gebracht außer exorbitant hohen Schulden und hartnäckiger Deflation, also fallenden Preisen.
Japanische Verhältnisse
Eine alternde Gesellschaft rechtfertige höhere Vorsorgen, betonte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Gerade das könnte sich als Rezept für Deflation erweisen, widerspricht Bank-Ökonom Ad van Tiggelen (ING). Er sieht Europa in Richtung Japan steuern: Eine alternde Bevölkerung braucht keine neuen Wohnungen oder neue Autos. Sie konsumiert weniger und scheut Anlagerisiken. Die Sparquote steigt, Investitionen und Wachstum sinken. "Warum das relevant ist? Weil die demografische Entwicklung im Euroraum der Japans Anfang der 1990er Jahre entspricht."
Keine guten Aussichten, wenn sowohl Investitionen als auch Sparmaßnahmen effektlos zu verpuffen drohen. Umso dringlicher sind intelligente Sparpakete und Investitionen.
Das deutsche Paket hat gute Ansätze. Dafür, Unsinniges wie das Steuerprivileg für Hotels wieder zu kippen, fehlte offenbar der Mut
Siehe auch:Merkel stutzt deutschen Sozialstaat