"Anna, den Kredit hamma!" So lautete in den achtziger Jahren ein bekannter österreichischer Werbeslogan für's Schuldenmachen. Mittlerweile ist Österreich in der EU, und diese will das Geldausborgen in Zukunft einheitlich nur nach viel mehr sorgfältiger Beratung und Information der Verbraucher als bisher gestatten. Während die Arbeiterkammer (AK) den Vorschlag für eine neue Verbraucherkreditlinie begrüßt, haben die Sparkassen eine Reihe von Einwänden.
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Unausgegoren, unausgewogen, undurchführbar, widersprüchlich, unwirtschaftlich und in erster Linie anbieterfeindlich sei der Entwurf, kritisierte der stellvertretende Generalsekretär des Sparkassenverbandes, Wilhelm Kraetschmer gestern, Montag, vor Journalisten das Papier. Und spricht von einer "Kreditbe- oder -verhinderungsrichtlinie."
Werden Kredite teurer?
Zusätzliche Bonitätsprüfungen würden einen enormen Verwaltungsaufwand für die Banken mit sich bringen und die Risikokosten erhöhen, sagte Kraetschmer und stellte Kreditverteuerungen in den Raum. Die Höhe der zu erwartenden Zusatzkosten wollte er jedoch nicht beziffern. Was die Sparkassen besonders stört: Die Kreditgeber haben in Zukunft auch zu prüfen, ob die Aufnahme eines Kredites für den Kunden zweckmäßig und für seine Interessen am besten geeignet sei. Die EU übertreibe mit ihrer "verantwortungsvollen Kreditvergabe" eindeutig den Konsumentenschutz. Kraetschmer: "Der Kunde braucht keine Bevormundung und kann selber entscheiden, ob er sich den Kredit leisten kann oder nicht."
Mehr Schutz für Verbraucher
Die Arbeiterkammer findet es gut, dass die Banken im Vorfeld der Kreditvergabe die Zahlungsfähigkeit der Kunden genauer abchecken müssen. Dies bedeute mehr Schutz für die Konsumenten. Dem Sparkassenverband hingegen stößt sauer auf, dass es im Falle von Zahlungsschwierigkeiten zu einer Beweislastumkehr kommt, d.h. die Bank müsste beweisen, dass sie sich ausreichend über den Vermögensstatus des Kunden informiert hat.
Begrüßenswert sei es aus Sicht der AK auch, dass die Konsumenten bei Überschreitung des Girokonto-Überziehungsrahmens schriftlich informiert werden müssen. Diese Maßnahme sei dringend notwendig. Der Sparkassenverband präzisiert: Es müsste selbst bei geringfügigen Überziehungen, die innerhalb einer Woche öfters vorkommen können, die Bonität des Kunden neu überprüft werden. Dies und die laufenden Informationen über den Stand der Verbindlichkeiten würde den Verwaltungsaufwand explodieren lassen. Kraetschmer: "Wir würden Kontoauszüge in A3-Format brauchen."
Fremdwährungskredit ade?
Bei Fremdwährungskrediten verlangt die Europäische Kommission vom Kreditgeber die Garantie, dass ein Tilgungsträger, wie z.B. eine Lebensversicherung, vollständig zur Tilgung des Kredits ausreichen muss. Eine solche Garantie könnten die Kreditinstitute aber nicht abgeben, so Kraetschmer. Um das Risiko zu minimieren oder auszuschließen, müsste der Kredit deutlich höher unterlegt werden. Fremdwährungskredite würden sich damit aber enorm verteuern und für die Konsumenten unattraktiv werden. Für Thomas Eisenmenger von der Abteilung Konsumentenschutz in der AK ist das gar nicht so schlimm: "Den Leuten soll bewusst werden, dass das ein diffiziles Produkt ist."
Die Europäische Kommission sieht die bestehende Verbraucherkredit-Richtlinie, die 1987 verabschiedet wurde, als überholt. Da sie lediglich auf Mindestharmonisierung abstelle, hätten sich daraus 15 verschiedene nationale Regelungen ergeben. Grenzüberschreitende Kredite seien selten, und es gebe kaum Wettbewerb. In Hinkunft sollen aber Kredite EU-weit vergleichbar werden. Dazu seien einheitliche Standards für die Vergabe und die Bonitätsprüfung notwenig. Laut Kraetschmer wird die neue Richtlinie voraussichtlich ab 2005 umgesetzt werden müssen. Er hofft, dass vorher noch ein paar "Giftzähne" gezogen werden.