Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage könnte die Stadt eventuell 2016 doch noch zusätzliches Geld aufnehmen.
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Wien. "Es ist eine Frage der Berechnungsmethode, die wir nicht beeinflussen können", sagte Finanzstadträtin Renate Brauner am Dienstagabend in einem Hintergrundgespräch vor Journalisten. Das war die Antwort auf die Frage, ob Wien wie geplant im kommenden Jahr die Null-Neuverschuldung schafft oder nicht.
Denn wie Brauner erklärte, könnte es auch sein, dass es 2016 keinen kompletten Schuldenstopp gibt und Wien weitere Mittel für nachhaltige Investitionen aufnehmen könnte. "Denn der Stabilitätspakt wurde 2012 beschlossen, als man von einem höheren Wirtschaftswachstum ausgegangen ist", betonte die Finanzstadträtin (siehe Grafik). Und je nach Wirtschaftslage würden sich auch die Variablen in der Berechnung des Schuldenstopps verändern. Und diese Berechnung würde nicht in der Hand der Stadt liegen. "Wir werden 2016 vom Bund erfahren, wie es diesbezüglich aussieht."
258 Millionen Neuverschuldung
Die Stadt Wien hat im Vorjahr 258 Millionen Euro neue Schulden gemacht - um 3 Millionen Euro weniger, als 2012 im Stabilitätspakt vorgesehen war. Damit erhöhte sich der Gesamtschuldenstand auf 4,893 Milliarden Euro. Die Gesamtausgaben sowie auch die Gesamteinnahmen beliefen sich auf 12,344 Milliarden Euro. Das heißt, es gab 102 Millionen Euro weniger Einnahmen als prognostiziert. Das geht aus dem Rechnungsabschluss für das Jahr 2014 hervor, den Brauner gemeinsam mit Finanzdirektor Dietmar Griebler präsentierte.
Es sei im vergangenen Jahr der "behutsame Rückgang der Neuverschuldung" fortgesetzt worden. 2013 hatte die Neuverschuldung noch 285 Millionen betragen Euro betragen - um 12 Millionen Euro weniger als 2012 im Stabilitätspakt vorgesehen war. Brauner gibt sich gelassen: Wenn man die Schulden mit der Wirtschaftsleistung vergleiche, habe Wien de facto kaum Schulden. "Wir sind hier unter 6 Prozent und in der EU sieht man 60 Prozent als Limit", betonte Brauner.
Was ihr allerdings schon Sorgen macht, ist die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Ein steigendes Angebot an Arbeit brauche ein stärkeres Wirtschaftswachstum, um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, meint sie. Aber das sei im vergangenen Jahr ausgeblieben. Im zweiten Halbjahr 2014 gab es in Wien sogar ein leichtes Negativwachstum von 0,4 Prozent, erläuterte Brauner.
Durchgeschlagen haben hier vor allem der Mobilfunkbereich und fehlende Investitionen im Produktions- und Baubereich. Der Großteil sei hier von der öffentlichen Hand übernommen worden. Auch für das Jahr 2015 sei nur von einem geringen Wirtschaftswachstum auszugehen - für Brauner dennoch ein "Hoffnungsschimmer". Dennoch richtete Brauner die Forderung an den Bund, mehr Mittel für das Arbeitsmarktservice zur Verfügung zu stellen. Wien leiste mit einem Sachbudget von 58 Millionen Euro für Arbeitsmarkt und Qualifizierung schon genug für etwas, das eigentlich ausschließlich Aufgabe des Bundes wäre.
Die Investitionsschwerpunkte lagen im Vorjahr laut Brauner in den Bereichen Gesundheit (1,973 Milliarden), Soziales (1,506 Milliarden Euro), Bildung (1,38 Milliarden) und Kinderbetreuung (729 Millionen Euro). Für Straßenbau und Verkehr wurden 912 Millionen aufgewendet und für den Wohnbau 682 Millionen Euro. Und die Vorgaben des Stabilitätspakts wurden laut Brauner mehr als erfüllt - das Maastrichtsaldo beträgt 102,22 Millionen Euro, wobei man ungefähr das Doppelte davon ausschöpfen hätte können.
Erstmals Beteiligungsspiegel
Der Oppositionskritik einer mangelnden Transparenz beim Abschluss hielt Brauner einmal mehr entgegen, dass alles im Internet einsehbar sei und seit 2014 sogar ein eigener Finanzschuldenbericht erstellt werde. Außerdem präsentierte Brauner zum ersten Mal auch einen eigenen Beteiligungsspiegel, der alle Beteiligungen der Stadt ausweist - bis in die dritte Ebene. Sowie auch einen Förderstrukturbericht mit allen Förderungen, Subventionen und Zahlungsströmen. Die Schulden der Stadtwerke oder der Wien-Holding in den Rechnungsabschluss hineinzunehmen, wie das oft von der Opposition gefordert wird, bezeichnete Brauner schließlich als "absurd und unintelligent", weil diese Unternehmungen am freien Markt operieren würden und nicht der Steuerzahler, sondern sie selbst ihre Schulden bezahlen müssten.