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Schule als Sperrgebiet

Von Matthias G. Bernold

Wirtschaft

Um die Drogenkriminalität zu bekämpfen, wollen Innenminister Ernst Strasser und Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer Schutzzonen vor Schulen einrichten, die von Verdächtigen nicht betreten werden dürfen. Ist das überhaupt rechtsstaatlich zulässig und vor allem - effizient?


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Rechtsgrundlage für diese Bannmeilen, die 150 Meter vor Schulen, Kasernen, Kindergärten oder auch - in bestimmten Fällen - privaten Wohnhäusern eingerichtet werden können, soll eine Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) sein, die am Montag in Begutachtung gehen wird. Gehrer und Strasser präsentierten die Grundzüge des Entwurfs am Donnerstag in einer Schule am Wiener Reumannplatz.

So könnte das Gesetz aussehen: Auf Antrag einer im Gesetz genannten Institution verordnet die Behörde (für das Land: der Bezirkshauptmannschaft, für die Stadt: die Bundespolizeidirektion) eine Schutzzone. Zeitraum und genauer Ort des Schutzes sind dabei präzis festzulegen. Wird in diesem Bereich ein Verdächtiger von den Sicherheitsorganen angetroffen, wird er aus der Zone "weggewiesen". "Als Verdächtiger gilt etwa ein amtsbekannter Drogendealer", erläutert ein Experte aus dem Innenministerium der "Wiener Zeitung". Welcher Personenkreis - abgesehen von Dealern - noch mit diesem Bann belegt werden kann, legt das SPG nicht genau fest. "Die Polizei kennt ihre Klientel", heißt es dazu lapidar. Es hänge wohl von der konkreten Situation und vom Schutzobjekt ab.

Kosmetische Maßnahme?

Keine Freude mit dem geplanten Gesetz hat Wiens Drogenbeauftragter David Alexander, der die Novelle als "kosmetische Maßnahme" abtut: "Wenn Schüler mit Drogen in Kontakt geraten, dann in erster Linie im Freundeskreis." Das geschehe auf Festen, in der Freizeit, "aber selten bei Drogendealern, die hinter der Ecke der Schule lauern". Wichtiger als Bannmeilen seien "Geldmittel für eine vernünftige Gesundheitserziehung und Drogenaufklärung". Der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer zur Novelle: "Wir stehen vor dem Problem: Niemand hat ein subjektives Recht darauf, sich irgendwo auf einer Gemeinfläche aufzuhalten." Allerdings würde die neue Gesetzesnovelle offenbar weitgehende und wenig determinierte Möglichkeit gewähren, den öffentlichen Raum einzuschränken. Das Gesetz werde anhand des Sachlichkeitsgebotes zu prüfen sein: "Es müssen handfeste Umstände vorliegen, die einen Verdacht rechtfertigen, dass Gefahr für Sicherheit oder Sittlichkeit besteht", so Mayer. Der Charakter des Gesetzes entspreche ganz dem Trend, schon im Vorfeld krimineller Handlungen einzugreifen. Dabei sei es allerdings wichtig, Grenzen zu wahren, "sonst können wir bald nirgends mehr hingehen, wenn's die Polizei nicht erlaubt."