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Schule mit Freizeitgestaltung

Von Peter Slavin

Politik

"Ich habe einen Horror davor, dass unsere Kinder nicht das machen können, was sie wollen, nur weil sie bis 17 Uhr in der Schule bleiben müssen." Konrad Zimmermann, Geschäftsführer des führenden österreichischen Nachhilfeinstitutes LernQuadrat, wünscht sich ein völlig neues Konzept der Nachmittagsbetreuung an Österreichs Schulen.


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"Umfragen zufolge will der Großteil der Österreicher die Ganztagesschule, also Nachmittagsbeaufsichtigung der Kinder in der Schule", weiß Zimmermann. "Wenn die Leute sich das wünschen, sollte die Politik darauf reagieren und das ermöglichen." Für das "Wie" hat der Vater von drei Kindern seine eigenen Ideen.

Keramik und Karate

Zimmermanns Konzept sieht folgendermaßen aus: "Während am Vormittag die Theoriestunden durchgenommen werden, könnte man doch am Nachmittag Zusatzförderung anbieten." Zimmermann spricht aber nicht nur von Förderung von Schülern, die Probleme im Unterricht haben, sondern auch von "Hochbegabten, die diese Förderung nicht brauchen. Was ist, wenn jemand sich für Keramik interessiert oder Klavierunterricht nehmen will, wieso sollte ihm das nicht die öffentliche Schule anbieten?"

Neben kreativen Gegenständen sollte darunter auch Sport fallen. Jedoch nicht "um einfach in den Turnsaal zu gehen, sondern Sportarten wie Jiu-Jitsu oder Karate". Weitere Angebote sollten "Alt-Griechisch und Programmiersprachen wie C++" umfassen. "Es gibt genügend Kinder, die das lernen wollen."

Doch wer unterrichtet diese Kinder darin? "Das ist der springende Punkt. Die öffentlichen Schulen sollten die besten Nachhilfeinstitute hineinlassen. Die Zusatzangebote, von denen ich spreche, würden dann von schulfremden Lehrkräften unterrichtet werden." Wie zum Beispiel von Trainern des LernQuadrats, dabei handelt es sich um "pensionierte Professoren, Lehramtsabsolventen, die sonst jahrelang auf die erste Unterrichtsstunde warten müssen, aber auch Lehrer aus öffentlichen Schulen."

Die Zusatzangebote müssten aber nicht unbedingt nur nachmittags stattfinden. "Am Vormittag die wichtigsten Theoriegegenstände hintereinander durchzupressen, ist lerntechnisch sowieso nicht optimal. Wieso kann ich nicht zwischen Mathematik und Latein Keramik anbieten?"

Die Vorteile seines Konzepts liegen für Zimmermann auf der Hand: "Dass sportlich Begabte nicht um die Integralrechnung herumkommen, ist klar, aber diese zu lernen wird ihnen leichter fallen, wenn sie in der Schule auch Jiu-Jitsu machen dürfen. Die Schule sollte sowieso nicht nur ihren Bildungauftrag erfüllen, sondern auch die Kinder begeistern." Außerdem würden die Eltern auch den ökonomischen Aspekt zu schätzen wissen: "Dann bräuchte die Mutter auch nicht mehr Taxi-Chauffeur von Schule zum Klavierunterricht spielen."

Zusatzangebote nicht gratis

Während die "normalen" Schulstunden weiterhin vom Staat bezahlt werden, sollten die Zusatzangebote aber kostenpflichtig sein. "Derzeit muss man für den Gitarrenunterricht ja auch bezahlen."

Was ist aber mit den Kindern, deren Eltern finanzschwach sind und sich Keramik oder Alt-Griechisch nicht leisten können oder wollen? "Ich stamme selbst aus einfachsten Verhältnissen, weiß was Finanzschwäche bedeutet. Hier lautet das Zauberwort soziale Staffelung. Ich glaube, dass man damit sehr viel erreichen kann."

Für Zimmermann darf es am Finanziellen nicht scheitern. "Mir geht es um die Kinder und die Zukunft des Landes. Meiner Meinung nach können wir als Land nur konkurrenzfähig bleiben, wenn unsere hochbegabten Kinder an jeder öffentlichen Schule in dem gefördert werden, in dem sie gefördert werden wollen."

Franchise-System Förderung

Das LernQuadrat verfügt derzeit über 16 Standorte, davon 13 allein in Wien. Nach Zimmermanns Vorstellungen soll sich das bald ändern. Er bietet allen Interessierten, die "gerne mit Menschen arbeiten, ein gewisses Bildungsniveau am eigenen Leib durchgemacht haben und über das nötige Eigenkapital verfügen" an, als Franchise-Nehmer ein eigenes LernQuadrat auf die Beine zu stellen.

"Wir wissen, wie man Bildung managt. Deswegen wollen wir unsere Dienste ja auch gerne öffentlichen Schulen anbieten."