Zum Hauptinhalt springen

"Schulen am besten beim Bund"

Von Brigitte Pechar

Politik
Felderer: Vor Verländerung muss gemeinsames Dienstrecht fertig sein. Foto: Newald

Felderer ist für Autonomie. | Verländerung nur mit "rigiden Bedingungen". | Wien. Zwar ist die Debatte über die Verländerung des Schulsystems vorerst einmal verschoben - vom Tisch ist der Wunsch der Länder, die Schulen an sich zu ziehen, aber nicht.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für höhere Studien (IHS), nimmt "eine sehr starke Verortung der Länder" in dieser Frage wahr und da er die Realverfassung in Österreich kennt, gibt er Bund und Ländern Ratschläge zu diesem Thema mit auf den Weg. Die Kompetenz für das Schulwesen sei am optimalsten beim Bund angesiedelt, eine Verländerung wäre nur unter "strikten Bedingungen" möglich, aber ohne Schulautonomie "eine Katastrophe", sagte er am Donnerstag in einer Pressekonferenz.

Diese Bedingungen müssten vorher in ein Gesetz gegossen werden, sagte Felderer. "Aber neun verschiedene Bildungssysteme wären in einem so kleinen Land absurd."

Bedingungen für eine Verländerung sind für das IHS: Nationale Bildungsziele, die messbar gemacht werden müssen: "Eine steirische oder eine oberösterreichische Matura darf es nicht geben." Ein Monitoring müsse die Ziele laufend überwachen. Es brauche ein Sanktionensystem, wenn Qualitätsziele verletzt werden. Ein Controllingsystem müsse die finanzielle Gebarung überprüfen ("Rechnungen über Lehrer ohne Stundeneinsatz sind zu wenig"). Die Schulautonomie müsse spätestens mit der Übergabe der Kompetenzen an die Länder verwirklicht werden. Auch ein einheitliches Dienstrecht müsste vor einer Verländerung unter Dach und Fach gebracht werden.

Gefahr von neunBildungssystemen

Ohne klare zentrale Vorgaben wäre eine Verländerung der falsche Weg, betonte Felderer. Aus Sicht von Lorenz Lassnigg, Leiter der Abteilung Bildungsökonomie am IHS, ist eine Verländerung nicht exekutierbar. Man sehe schon jetzt bei den Pflichtschulleherern - der Bund zahlt, die Länder stellen an -, dass Aufgaben- und Leitungsverantwortung nicht mit der Finanzierungsverantwortung übereinstimmten. Dies widerspreche grundsätzlich den Vorstellungen einer effizienten Verwaltung, sagte Lassnigg. Wenn die Länder Aufgaben- und Ausgabenverantwortung übernehmen wollten, müssten sie auch die Finanzierungsverantwortung übernehmen. Dann gebe es aber nicht nur neun verschiedene Bürokratien, sondern auch neun Bildungssysteme. Er kenne keine Studie, die einen Vorteil einer Verländerung der Schulverwaltung belege, sagte Lassnigg. Zentrale Aufgabe sei die Schaffung der Schulautonomie. Diese würde durch eine Verländerung "nicht gefördert", gibt Lassnigg zu bedenken. In Der Schweiz sei jeder Kanton für die Schulen zuständig, dort hebe aber auch jeder Kanton Steuern ein. Im Übrigen würden die Schweizer nun in einem Jahrhundertprojekt darauf hinarbeiten, ein einheitliches Bildungssystem herzustellen.

Das österreichische Schulverwaltungssystem sei ein Unikat, sagte Felderer. Die Länder hätten keinen Anreiz zu sparen und die Mittel effizient einzusetzen. Die Kompromisslösung, dass der Bund die Gesetzgebung behalte und die Länder für den Vollzug verantwortlich sind, sei schon im Verfassungskonvent diskutiert worden. Der Rechnungshof habe aber bereits auf die Gefahr des Auseinanderdriftens der Länder hingewiesen. Natürlich, so der IHS-Chef, müssten Grundschulen ein "Lokalkolorit" haben. Aber das sei nicht auf Landesebene zu lösen, sondern eben vor Ort, an den Schulen.