Schulen durchlaufen aktuell eine Sicherheitsphase. Vielerorts kämpft man mit logistischen Problemen und Überforderung.
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Im Osten Österreichs geht bereits die dritte Schulwoche zu Ende und damit auch die sogenannte Sicherheitsphase. In dieser wurde dreimal pro Woche getestet, einmal davon mit einem PCR-Test, in Wien sogar zweimal. Nicht überall erhält das aktuelle Vorgehen ein gutes Feedback. Ein Rundruf der "Wiener Zeitung" unter Schulpartnern zeigt ein ambivalentes Bild: Logistische Probleme, verloren gegangene Unterrichtszeit, Belastung von Lehrern und Direktorinnen. Dennoch: Es funktioniert - und wurde von Woche zu Woche etwas besser. Der Konsens bei allen Befragten: Der Präsenzunterricht muss aufrechterhalten werden.
Eine Mittelschule in Wien. Die die Situation sei "wahnsinnig schwierig", sagt eine Lehrerin. Natürlich wolle man die Schulen offenhalten, die Umsetzung der Maßnahmen sei aber aufwendig. Die Tests würden viel Zeit in Anspruch nehmen - Zeit, die man dringend für den Unterricht brauche. "Ich hätte mir ein stabileres Konzept gewünscht, das nicht so wirkt, als wäre es im letzten Moment aus dem Ärmel geschüttelt worden", sagt die Lehrerin. Die Stimmung im Kollegium beschreibt sie als "schwierig", viele seien überfordert, auch der Druck auf die Kinder und der Umgang mit unzufriedenen Eltern sei nicht leicht. Positiv sei jedoch, dass man in der dritten Woche schon "recht flott" beim Testen sei. "Aber ich würde den Kindern wünschen, dass sie wieder unbeschwerter leben können. Dass sie nicht so viel Vernunft, Einsicht und Rücksicht zeigen müssen."
Am Montag und Dienstag wurden rund 853.000 PCR-Tests durchgeführt, dabei gab es 858 positive Ergebnisse. Das sind 0,1 Prozent der Tests. 251 Klassen waren am Mittwoch österreichweit geschlossen. Mittlerweile wurde die Möglichkeit zum Freitesten von zehn auf fünf Tage verkürzt. Bildungsminister Heinz Faßmann geht davon aus, dass das Testprogramm für ungeimpfte Schüler weitergehen wird.
Schulen werden zu einer "Art Gesundheitsbehörde"
"Natürlich ist das Testen notwendig, aber es wurde nicht weitergedacht", sagt Josef Gary Fuchsbauer, Bundeskoordinator der Gewerkschaft der unabhängigen Lehrerinnen und Lehrer, ÖLI-UG. Er ortet mehrere Probleme: "Lehrer sind teilweise massiv überfordert. Nicht nur mit dem Testen, sondern auch mit dem Erfassen und Einmelden der Daten." Neben Mehrarbeit und gleichzeitig fehlender Unterrichtszeit kam es für Lehrer zu einer zusätzlichen Veränderung: "Lehrer sind jetzt auch Krankenschwestern und Krankenpfleger. Aber im Gegensatz zu den Menschen mit Schutzausrüstung in Teststraßen müssen sie alles in Alltagskleidung machen", sagt Fuchsbauer.
Auch Paul Kimberger, Vorsitzender der Bundesleitung der Gewerkschaft Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer, schließt sich dem an. "Man könnte fast den Eindruck gewinnen, wir sind eine Art Gesundheitsbehörde", sagt er. Die Schulen würden in Verwaltung und Bürokratie versinken. Auch er spricht davon, dass die Belastung für Direktorinnen, Lehrer, Eltern und Schüler "enorm" sei. Er habe eine solche Zumutung von außen so noch nie erlebt. Machbar sei dies alles aufgrund der "großartigen Arbeit" der Lehrer. "Sie legen die größtmögliche Normalität an den Tag im Sinne unserer Kinder", sagt Kimberger. Generell würden die Tests große logistische Probleme mit sich bringen, die sich zwar vielerorts eingespielt hätten, jedoch nach wie vor nicht überall.
Aus verschiedenen Bildungsdirektionen heißt es dazu, dass die logistischen Probleme zwar in der ersten Woche durchaus vorhanden waren, sich diese aber mittlerweile stark verbessert hätten. "Es läuft 1.000-mal besser als in der ersten Woche", hieß es etwa aus Wien. Auch in Niederösterreich wurden nach der ersten Woche kaum noch Probleme gemeldet. Im Burgenland gab es von Beginn an nur vereinzelt Schwierigkeiten.
"Enormer Aufwand von Schulen verlangt"
"Die Anfangsschwierigkeiten waren dem enormen Logistikaufwand geschuldet", sagt Marcus Dekan, Vorsitzender des Verbands der Elternvereine an den höheren und mittleren Schulen Wiens. Dafür habe man Verständnis. Grundsätzlich stehe man als Verein hinter dem Konzept der Sicherheitsstufen. Schwierigkeiten ortet er jedoch bei der Nachvollziehbarkeit der Quarantäne-Regeln - diese müssten verbessert werden. Nun sei es Dekan jedoch in erster Linie wichtig, dass die Lehrer wieder auf die Kinder eingehen und ihnen die Angst vor dem Verlauf des Schuljahres und der Zukunft nehmen können.
Doch wie geht es den Kindern? Vor der Elisabethschule in Wien trifft die "Wiener Zeitung" auf zufriedene Eltern. "Das Testen stört die Kinder nicht, sie haben sich daran gewöhnt. Wir müssen eher schauen, dass wir die Maske nicht vergessen", sagt ein Vater mit Kindern in der zweiten und vierten Klasse Volksschule. Zwei Mütter meinen, dass ihren Kindern das Testen sogar Spaß mache. "Sie sind routiniert. Das dauert zehn Minuten, alles geht zack zack", sagt eine Mutter einer Zweitklässlerin. Ein Vater kann sich aber vorstellen, dass es für die Lehrer schwierig ist.
Das wird von Direktorin Beatrix Taxer bestätigt. Von den Schulen werde "ein enormer Aufwand verlangt", sagt sie. Mittlerweile habe man an der Mittelschule Hörnesgasse in Wien aber einen Modus gefunden, "mit dem wir ganz gut zurechtkommen", sagt Taxer. In Bezug auf die Herausforderungen mit dem Testen geht sie davon aus, dass das Bildungsministerium ein falsches Bild von Eltern und Schülern habe. Dort wisse man etwa nicht, dass viele Eltern oft die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse wechseln, in einigen Familien sei außerdem das technische Equipment gar nicht vorhanden.
Lockdown an Schulen soll verhindert werden
Auch Barbara Rosenberger-Fellner, Direktorin an der Volksschule Petrusgasse in Wien, ortet wie viele andere Probleme mit der Logistik, beim Erreichen der Gesundheitsbehörde und mit den sich ändernden Richtlinien. Die fehlende Unterrichtszeit nehme auch an ihrer Schule große Ausmaße an: Pro Woche brauche man fürs Testen etwa zwei Unterrichtsstunden. Rosenberger-Fellner sieht sich außerdem immer mehr mit der Aggression der Eltern konfrontiert. Alle Fäden liefen eben in der Schule zusammen.
In Bezug auf die Richtlinien ortet auch Isabella Zins, Sprecherin der AHS-Direktoren Verbesserungsbedarf. Die Quarantäne-Regeln müssten sich noch einspielen. Generell würde das "Konzept Sichere Schule" jedoch funktionieren. Nun hoffe man noch auf mehr Impfungen unter den Jugendlichen. Auch wenn die Belastung beim Schulpersonal zugenommen habe, gemeistert werde diese trotzdem: "Wir wollen das große Ziel erreichen: Kein Lockdown an Schulen und den Präsenzunterricht aufrechterhalten", so Zins.