Der Nationalrat beschloss das Covid-19-Gesetzespaket, die Opposition bemängelte einige Schwachstellen, einstimmig.
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Am Montag vor einer Woche hat Finanzminister Gernot Blümel ein paar Halbsätze seiner Budgetrede geändert. Es gab offiziell 120 Corona-Fälle in Österreich, das Leben lief wie ganz normal. Am Dienstag, so berichtete es Blümel dem Nationalrat, gab die Regierung erste Maßnahmen bekannt, Veranstaltungen wurden untersagt. Blümel telefonierte mit Wirtschaftsforschern, die gingen von kleinen Wachstumseinbußen aus. Blümel schrieb sein erstes Budget um, aus einem "soliden Überschuss" wurde ein Defizit von 600 Millionen Euro. "Am Mittwoch habe ich die Budgetrede weggeworfen."
Seither ist in Österreich nichts mehr, wie es war. Und das Einbringen des Budgets, das jedes Jahr einen parlamentarischen Höhepunkt darstellt, ist zum Formalakt mutiert. Wenige Stunden später war es überholt. Und zwar auf drastische Art und Weise. Die Regierung hatte ein 38-Milliarden-Hilfspaket präsentiert, das entspricht etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Defizit? Egal, es gehe um das Retten von Menschenleben, das Reduzieren von Arbeitslosigkeit und Insolvenzen, sagte Blümel.
Das von der Regierung auf den Weg gebrachte Covid-19-Gesetzespaket wurde am Freitag diskutiert und beschlossen, am Samstag soll es bereits durch den Bundesrat gehen. Doch auch wenn die Opposition mitging, formulierte sie auch Kritik in einzelnen Punkten. Und zwar quer durch die Fraktionen der SPÖ, FPÖ und der Neos. "Die Einpersonenunternehmen (EPU) und Kleinstunternehmen stellen 20 Prozent der Arbeitskräfte, erhalten aber nur 8 Prozent der Hilfe", sagte SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer. Er forderte, die Deckelung der EPU-Hilfe von einer Milliarde Euro aufzuheben. Außerdem müsse für diese kleinen Betriebe eine Lösung bei Mietproblemen gefunden werden. "Schreiben wir doch ins Gesetz, dass Unternehmen, die behördlich gesperrt werden, keine Miete zahlen müssen. Diese Klarheit fehlt", sagte Krainer. FPÖ-Mandatar Hubert Fuchs schloss sich dieser Kritik an, wie auch die Neos.
Zwei weitere Kritikpunkte der Opposition. Durch regional in den Bundesländern unterschiedliche Verordnungen gebe es bei gesperrten Tourismusbetrieben unterschiedliche Hilfen, in Tirol würden diese 100 Prozent betragen, in Salzburg 80 Prozent. Das sei eine Ungleichbehandlung, sagte die Opposition.
Ein besonderes Ärgernis ist SPÖ, FPÖ und Neos, dass die Wirtschaftskammer den Härtefonds abwickelt und nicht die Finanzämter. "Ich habe kein gutes Gefühl, wenn sensible Sozialversicherungs- und Steuerdaten an die Wirtschaftskammer weitergegeben werden", sagte FPÖ-Mandatar Fuchs. Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn nannte es gar einen Witz. "Die Arbeitnehmer gehen ja auch zum AMS und nicht zur Arbeiterkammer."
ÖVP-Abgeordneter Singer wurde positiv getestet
Er kritisierte auch, dass nur jene Unternehmen anspruchsberechtigt seien, die seit zwei Jahren Kammerumlage zahlen. Dies bezieht sich allerdings auf einen weitaus kleineren Hilfsfonds, den die Stadt Wien mit der Wiener Wirtschaftskammer am Sonntag vereinbart hat. Ob und wie der kommt, ist aber nach dem einige Tage später beschlossenen 38-Milliarden-Euro-Paket ohnehin offen.
Es ist aber nicht das einzige Beispiel, das zeigt, dass gerade in diesen Tagen die Unklarheit sehr groß ist. Lösungen werden aktuell zwar rasch gefunden, sie hecheln aber aufkommenden Problemen nur nach. Etwa in den Städten, in denen die Geschäftsmieten hoch sind, ist das Thema der Mietzahlungen virulent. Hier verlangt die Opposition Rechtssicherheit. Derzeit orakeln Juristen über alte Paragrafen dazu im Bürgerlichen Gesetzbuch. Die Stadt Salzburg hat eine eigene Regelung für Mieter in städtischen Geschäftslokalen angekündigt.
Die Sitzung am Freitag wurde nach nur wenigen Rednern für längere Zeit unterbrochen. Denn das Präsidium hatte die Nachricht erhalten, dass das Coronavirus auch im Nationalrat angekommen ist. ÖVP-Mandatar Johann Singer, der am Sonntag noch bei Sitzungen anwesend war, wurde positiv getestet. Er befindet sich in häuslicher Pflege. Die Abgeordneten, die mit Singer engeren Kontakt hatten, werden nun auch Tests unterzogen. Da waren sich die Abgeordneten auch einig: Das Parlament muss in Zeiten wie diesen auf jeden Fall handlungsfähig bleiben.