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Schulterschluss passé

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Ab Montag beginnt eine neue Phase im Kampf gegen das Virus, die um nichts weniger heikel ist.


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Der Schulterschluss der österreichischen Parteien ist seit Freitag wieder vorbei - falls er denn überhaupt je viel mehr als eine instinktgeleitete Erstreaktion auf eine historisch einmalige Ausnahmesituation gewesen sein sollte. Die Rede von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl im Nationalrat geriet zur Generalabrechnung mit der Krisenpolitik der Bundesregierung, Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger stand dem nicht weit nach. Pamela Rendi-Wagners Rede fiel dazu im Vergleich durchaus gemäßigt aus, aber das dürfte wohl mehr mit ihrer früheren Ausbildung als Medizinerin und Tätigkeit als Sektionschefin für die Öffentliche Gesundheit zusammenhängen als mit ihrer formalen Rolle als Vorsitzende der stärksten Oppositionspartei.

Das eine wie das andere haben sich Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine Minister mit demonstrativem Mund- und Nasenschutz vor dem Gesicht angehört. Dennoch hat das Ende der von der Koaliton beschworenen Einigkeit mit der Opposition vor allem, wenngleich nicht nur mit dem Umstand zu tun, dass gegen Ende der dritten Woche im Notfallmodus die bisher weitgehend schlüssige Krisenkommunikation von ÖVP und Grünen ins Stolpern geraten ist. Es häufen sich die Widersprüchlichkeiten, und der mit wachsender Dauer zunehmende Zielkonflikt zwischen Gesundheit und Wirtschaft hat seinen Tribut gefordert.

Das war in dem Moment unvermeidbar, wo einige Kennzahlen der Pandemie sich den von der Regierung gesteckten Zielen annäherten beziehungsweise diese sogar erreichten. Für Wirtschaft und Opposition war dies das Startsignal, die schrittweise Lockerung der rigiden Maßnahmen einzufordern.

Am Montag soll nun ein Stufenplan präsentiert werden, wie das stillgelegte Wirtschaftsleben wieder hochgefahren werden kann. Gleichzeitig soll der offene Streit zwischen dem türkis-grünen Bund und dem rot-grünen Wien um den Bewegungsraum im Freien beigelegt werden.

Klar ist aber auch, dass jede Lockerung ab nun die Unsicherheit bei vielen Bürgern darüber verstärkt, welches Verhalten im öffentlichen wie privaten Bereich angesichts der Pandemie angemessen ist. Hier stifteten die vergangenen Tagen mehr Verwirrung, als dieser Situation guttat.

Mit einem erstaunlichen Kraftakt ist es gelungen, die Ausbreitung des Coronavirus vorerst unter Kontrolle zu bringen. Um es gänzlich unschädlich zu machen, kommt es auf das weitere Verhalten an. Die Regierung muss zurück zu ihrer klaren Kommunikation finden. Mit dem Wiederaufsperrplan am Montag beginnt eine neue Phase in diesem viel zitierten Marathon. Und die ist um nichts weniger heikel.