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Schulversagen Thema bei Jobsuche? Gesamtdokumentation im Kreuzfeuer

Von Ina Weber

Analysen

Hatten Sie einmal einen Fünfer im Zeugnis? Sind Sie schon durchgefallen? Haben Sie an Schulschikursen teilgenommen? Haben Sie sich vom Religionsunterricht abgemeldet? Welchen Beruf üben Ihre Eltern aus? Und: Hatten Sie sonderpädagogische Förderung notwendig?


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"Wir brauchen Ihre Daten nur für die Statistik - bitte geben Sie uns noch Ihre Sozialversicherungsnummer bekannt." Die Fußnote: Ihre Daten werden 60 Jahre lang gespeichert.

Diese und weitere Angaben werden vom Ministerium im Rahmen des Bildungsdokumentationsgesetzes, das 2003 in Kraft getreten ist, gefordert. Die damalige Regierung hatte damit auf das für Österreich mäßige Pisa-Ergebnis reagiert, wo Österreich weit entfernt von der Spitze im Mittelfeld landete. Die Daten seien für Reformen im Schulsystem notwendig. Zugriff auf die Daten haben die Beamten des Bildungsministeriums, die Statistik Austria, die Schulerhalter (Gemeinde, Bürgermeister), die Gerichte und Sozialversicherungsanstalten.

Doch das Gesetz ist seit Jahren umstritten. Datenschützer befürchten einen Zugriff der Wirtschaft. Eltern wehren sich gegen die Bekanntgabe von persönlichen Daten ihrer Sprösslinge. Viele verweigerten die Angabe, speziell jene der Sozialversicherungsnummer. Eine Schulleiterin erhielt sogar einen Strafbescheid, weil sie die Daten zurückhielt. Das blieb jedoch ohne Konsequenzen.

Auch die SPÖ hat sich stets gegen das Bildungsdokumentationsgesetz ausgesprochen. Im Fall des Strafbescheides gegen die Schulleiterin hoffte sie, dass nach einem Rechtsmittel ein Verfahren des Europäischen Gerichtshofs eingeleitet und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird. Nun hätte die neue Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) die Chance dazu. Doch sie will zunächst das Ergebnis der Arbeitsgruppe abwarten, die sie mit der Prüfung des Gesetzes beauftragt hatte. Ende Februar soll "die beste Lösung für alle Beteiligten" gefunden werden, hieß es aus ihrem Büro. Bei der Bildungsstatistik gelte es, zwischen persönlich verständlichem Schutz und notwendigen Reformschritten zu einem innovativen Bildungssystem abzuwägen. Der Bildungssprecher der SPÖ ist der Neo-Ministerin bereits zuvorgekommen. Er kündigte bereits gestern, Dienstag, eine Änderung an. Die datenschutzrechtlichen Bedenken sollen ausgeräumt und die Daten anonymisiert werden.

Schmied wird auf diesen Kurs aufspringen müssen, will sie einen weiteren SPÖ-Konflikt vermeiden. Nach der Beibehaltung statt der versprochenen Abschaffung der Studiengebühren kann sich die SPÖ ein weiteres Abgehen von ihren Versprechen kaum leisten. Außerdem scheint die Notwendigkeit der Angabe der Sozialversicherungsnummer für die Erfassung von Bildungsdaten höchst fraglich. Auch die Speicherung der Daten für 60 Jahre steht in keiner Relation. Wenn man bedenkt, dass selbst Vorstrafen nach zumindest drei Jahren aus dem Strafregister gelöscht werden.