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Verschönerungen im Lebenslauf üblich. | Betriebe nutzen Stellenanzeigen als Werbeflächen. | Wien. Die Versuchung ist groß, den Lebenslauf ein wenig aufzupolieren, das Dienstzeugnis selbst zu schreiben, eine Referenz zu erfinden oder einen nicht vorhandenen Titel anzugeben. Bewerber greifen immer wieder zu Tricks, die manchmal bis zu größeren Betrügereien reichen, um sich selbst ins beste Licht zu setzen. Andererseits sind auch Unternehmen nicht immer ehrlich in ihren Stellenanzeigen.
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"Eine Bewerbung ist ein Verkaufsangebot, in dem Bewerber glänzen und sich bestmöglichst darstellen wollen. Kleine Verschönerungen im Lebenslauf, die den beruflichen Erfolg aufwerten, sind üblich", sagt Gustav Soucek, Vice President Communications and Human Resources von UPC Telekabel. Noch häufiger werden Lücken im Lebenslauf kaschiert Karrieretiefs wie Arbeitslosenzeiten nicht angegeben oder durch Weiterbildungen bzw. Reisen verdeckt.
In den USA gibt es den so genannten "Liars"-Index, der regelmäßig den Anteil gefälschter Bewerbungsunterlagen wiedergibt. Werte über elf Prozent sind die Regel. Laut einer Untersuchung der Düsseldorfer Detektei Kocks wurden von 5000 Bewerbungen über 1500 manipuliert. Österreichische Personalexperten halten diese Quote allerdings für übertrieben. Doch dass ein Viertel der Bewerbungen kleine Flunkereien enthalten, vermutet auch Personalexperte Soucek.
Scanner, Internet und Online-Bewerbungen machen den Bewerbern das Betrügen immer leichter. Ein eingescanntes Dienstzeugnis mit knackigen Sätzen bescheinigt schnell die geforderten Topqualifikationen für den Traumjob; Die Echtheit ist schwer zu überprüfen. Firmenlogos werden eingescannt und in Zeugnisse kopiert oder der Name eines vorhandenen Diploms ausgetauscht. Personalexperten haben im Schnitt nur zehn Minuten Zeit, um einen Lebenslauf zu lesen. Trotzdem fallen geschulten Augen Ungereimtheiten auf. "Durch Datenvergleich von Dienstzeugnis und Lebenslauf lassen sich immer wieder Unstimmigkeiten erkennen. Ein Anruf bei einer angegebenen Referenz bringt dann schnell Licht ins Dunkel", sagt Berater Günther Rieder von Rieder human resources consulting.
Entlarvung beim Vorstellungsgespräch
Spätestens im Bewerbungsgespräch fliegen die meisten Schwindler auf. Personalisten verlassen sich auf Gespür und Erfahrung. Standardisierte Prüfungen gegen Bewerberbetrug sind hingegen selten. Denn "wenn man die wichtigsten Spielregeln der Interviewtechnik beherzigt und sich nicht von Stereotypen beeinflussen lässt, ist die Gefahr, auf Blender herein zu fallen gering", ist Rieder überzeugt.
In Deutschland wittern Detekteien einen Betrügerboom und versuchen, Bewerbungsschwindlern auf die Spur zu kommen. Viele Personalexperten halten jedoch nicht viel davon, Kandidaten hinter ihrem Rücken ausspionieren zu lassen. Schließlich geht es um eine künftige Zusammenarbeit. "Da sollte ein gewisses Vertrauen von Anfang an gegeben sein," gibt Rieder zu Bedenken.
Auch Unternehmen tragen zu dick auf
Das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der europäischen Jobbörse StepStone zeigt, dass Firmen oft nicht halten, was sie in Stellenanzeigen versprechen: Jeder zweite Bewerber gab an, dass sich der als interessant angepriesene Job als herbe Enttäuschung entpuppt hat.
Auch in Österreich neigen Unternehmen zu Übertreibungen. Soucek: "Wenn Sozialleistungen eines Großunternehmens geboten werden, das Unternehmen aber nur 30 Mitarbeiter hat, ist das einfach unglaubwürdig." Stellenanzeigen sind für Firmen Werbeflächen - von Personalisten aufbereitet und Werbern verschönert. "Unternehmen wollen sich als attraktiver Arbeitgeber darstellen und werfen oft mit Superlativen um sich. Nicht realistische Darstellung kommen oft aus mangelndem Know-how und redlichem Bemühen zustande", vermutet Rieder.
Wenn Mitarbeiterverantwortung versprochen wurde und in der Praxis maximal ein Praktikant eingestellt werden darf, war das Falschinformation. "Um das zu vermeiden, sollten sich Arbeitnehmer eine genaue Stellenbeschreibung ausstellen lassen, die sie gemeinsam mit dem Arbeitsvertrag unterschreiben", rät Nicole Göttlicher von StepStone.