Rebellenhochburg in der Ostukraine könnte vor dem Fall stehen.
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Minsk/Moskau/Kiew. Der Krieg in der Ostukraine könnte in seine entscheidende Phase getreten sein: Laut einer Reporterin der Nachrichtenagentur Reuters fanden am Dienstag im Zentrum der Rebellenhochburg Donezk erste Kämpfe statt. Fünf bis sechs bewaffnete Rebellen sollen auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums hinter Autos Schutz gesucht und auf eine andere Gruppe geschossen haben. Zuvor war in Außenbezirken der Stadt Artilleriefeuer zu hören. Einwohner sagten, in dem Gebiet habe es erstmals Artilleriebeschuss gegeben. Die ukrainische Armee rückt seit Tagen gegen die Separatisten vor. Der Fall von Donezk würde die Rebellen möglicherweise entscheidend schwächen. Donezk und Luhansk gelten als ihre letzten großen Hochburgen.
Für die ukrainische Armee käme eine baldige Einnahme von Donezk zum richtigen Zeitpunkt: Am Sonntag, dem 24. August, feiert die Ukraine in Erinnerung an die Ausrufung ihrer Unabhängigkeit ihren Nationalfeiertag. Die Regierung will zu diesem Anlass eine Siegesparade abhalten. Dabei soll auch Militärgerät, das im aktuellen Konflikt zum Einsatz gekommen ist, präsentiert werden.
In Österreich grübelt man indessen, wie man die Folgen des russischen Lebensmittel-Embargos abmildern könnte. "Wenn jeder einen Apfel pro Woche mehr isst, dann können wir diesen Marktausfall im Obst- und Gemüsebereich schließen", sagte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter.
Lebensmittelembargo des Kreml ist durchlässig
Dennoch zeigt sich, dass das Embargo, das Russland als Reaktion auf die EU- und US-Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise verhängt hat, durchlässig ist. In der EU und den USA hergestellte Produkte gelangen nämlich weiterhin in russische Supermarktregale - und zwar über die Nachbarländer Weißrussland und Kasachstan, mit denen Russland in einer Zollunion verbunden ist.
Obwohl Russlands Agrarminister Nikolai Fjodorow vor zwei Wochen noch davon gesprochen hatte, sein Land müsse die beiden Zollunions-Partner unbedingt mit ins Sanktionen-Boot holen, stellte der stellvertretende Premierminister Arkadi Dworkowitsch nunmehr resigniert fest: "Natürlich können unsere Kollegen in der Zollunion aus dieser Situation einen Nutzen ziehen." Produkte, die bisher direkt nach Russland geliefert wurden, würden nun in den Nachbarstaaten verarbeitet, sagte Dworkowitsch. "Für Weißrussland und Kasachstan sind die Sanktionen ein echter Segen", meint der Osteuropa-Experte Hans Georg Heinrich zur "Wiener Zeitung". Diese Länder würden viele Produkte einfach umetikettieren, was beispielsweise bei Äpfeln kein Problem sei. Die Versuche des Kreml, Weißrussland und Kasachstan zum Mitmachen bei den Strafmaßnahmen zu bewegen, sind bisher im Sand verlaufen.
"Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko spielt sein gut bekanntes Spiel - er schaukelt zwischen Russland und der EU", sagt Heinrich. Im Moment geht der autoritär regierende Staatschef zu Moskau vorsichtig auf Distanz. Immer wieder streut der weißrussische Präsident Sand ins Getriebe von Wladimir Putins Prestigeprojekt, der "Eurasischen Union", die er selbst mitbegründet hat. Vor rund einer Woche gab Minsk bekannt, dass man den am 29. Mai in Astana beschlossenen Vertrag über die Eurasische Wirtschaftsunion nicht vor Ende des Jahres ratifizieren würde. Experten erwarten, dass sich Belarus in neuen Verhandlungen weitere Vorteile sichern will.
Treffen Poroschenkosmit Putin in Minsk
Im Ukraine-Konflikt hatte Minsk eine unentschiedene Haltung eingenommen. Zwar konnte es sich Weißrussland nicht leisten, Russland, von dessen Öl- und Gaslieferungen man abhängig ist, offen zu vergraulen, doch achtete Lukaschenko auf die Bewahrung guter Beziehungen zu Kiew. Kein Wunder, ist doch die Ukraine nach Russland der zweitwichtigste Handelspartner. Trotz seiner Angst vor westlich inspirierten Umstürzen empfing Lukaschenko den ukrainischen Übergangspräsidenten Oleksandr Turtschinow Ende März in Weißrussland und erkannte ihn kurz darauf als legitimes Staatsoberhaupt an. Gleichzeitig stimmte er der Stationierung russischer Kampfflugzeuge in Weißrussland zu.
Kein Wunder, dass es wieder Minsk sein wird, wo sich am 26. August Putin mit seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko zu Gesprächen treffen wird. Die Staatschefs nehmen an einem Gipfel der Zollunion in der weißrussischen Hauptstadt teil, wie der Kreml mitteilte. Dabei seien auch bilaterale Gespräche geplant. Ein solches Treffen der Staatschefs könnte Bewegung für eine Lösung des blutigen Konflikts in der Ostukraine bringen.
Im Streit um den russischen Hilfskonvoi für die Ostukraine hat der russische Außenminister Sergej Lawrow der Regierung in Kiew eine Blockadehaltung vorgeworfen. Es sei schwer nachvollziehbar, warum die etwa 280 Lastwagen aus Moskau seit Tagen an der Grenze festsitzen würden. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat dagegen eine Untersuchung zu dem Raketenangriff von Separatisten auf einen Flüchtlingskonvoi verlangt.