Am kommenden Montag beginnt die Eintragungswoche für das von den FPÖ-Landesparteiobmännern aus Wien, Oberösterreich und Niederösterreich - Hilmar Kabas, Hans Achatz und Ernest Windholz - initiierte Anti-AKW-Volksbehren "Veto gegen Temelín". Die FPÖ selbst spricht nach wie vor von einem "überparteilichen" Volksbegehren. Unterdessen hat die innerkoalitionäre und innerparteiliche Debatte darüber am Donnerstag vorerst ihren Höhepunkt erreicht.
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Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat in einem Brief an 2.500 ÖVP-Bürgermeister vor einer Unterschrift gewarnt. Mit der Initiative würden "Partei-Interessen vor die Interessen der Allgemeinheit gestellt", heißt es in dem Schreiben.
Der Brief sei bereits Anfang Jänner verschickt worden. Mitunterzeichner des Schreibens ist der jeweilige Landesparteiobmann. Insgesamt nennt Schüssel fünf Gründe "warum wir nicht unterschreiben! Das FPÖ-Volksbegehren gefährdet sich Sicherheit, schadet der Anti-Atom-Politik, verringert unsere Chancen, schwächt unsere Position, missbraucht die Sorgen".
Scharfe Kritik dazu kam gestern sowohl von FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler als auch Achatz und Kabas. Es sei "schon sehr seltsam, dass von einer Partei Briefe versandt werden, wie sich ihre Mitglieder zu verhalten haben", meinte Westenthaler in einer Reaktion. Aber auch innerhalb der FPÖ differieren die Meinungen. Sein Parteikollege Finanzminister Karl-Heinz Grasser sprach ganz elegant von zwei Wegen zum selben Ziel.
Auch hinsichtlich eines möglichen Veto-Kurses klaffen die Meinungen innerhalb der FPÖ auseinander. Grasser etwa wollte gestern davon nichts wissen. "Gut" sei, den "Druck zu erhöhen, um das Optimum zu erreichen", erklärte er im Anschluss einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Sozialminister Herbert Haupt sowie den ÖVP-Partnern Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, lobte aber gleichzeitig das von Kanzler Schüssel mit Tschechien erzielte Abkommen.
Haupt wiederum meinte gegenüber der "Wiener Zeitung": "Ein Veto wird es geben, wenn die Tschechen die Verhandlungsbereitschaft verweigern." Er verurteilte die "nationalistischen, tschechischen Hardliner, die Temelín durchdrücken wollen". Unterschreiben werden beide FPÖ-Minister.
Nicht so Gehrer und Bartenstein. Die ÖVP wolle den Weg der Verhandlungen mit den Partnern in der EU fortsetzen. Das Volksbegehren bezeichnete die Bildungsministerin als "gefährlich", auch wenn beide Parteien ein "gemeinsames Ziel" verfolgen würden. Auch der Obmann des ÖVP-Seniorenbundes, Stefan Knafl, betonte gestern, er werde nicht unterschreiben. Auch die Oppositionsparteien SPÖ und Grüne lehnen das Volksbegehren ab. Zur Umsetzung wäre allerdings zumindest die Zustimmung von SPÖ und ÖVP nötig.
Vergangenen Dienstag hatte sich bereits ein Personenkomitee zusammengetan, um gegen das Volksbegehren aufzutreten. Gleichzeitig erhoben die Vertreter ihre "Stimmen für Europa".
Die Liste der Unterstützer ist prominent bestückt und reicht durch alle Lager: Vom Pensionisten-Chef Karl Blecha (S) bis EU-Koordinator Erhard Busek (V), den Arbeitgeber-Vertretern Christoph Leitl (Wirtschaftskammer) und Peter Mitterbauer (Industriellenvereinigung) bis Gewerkschafts-Chef Hans Sallmutter, der Sportlerin Steffi Graf bis zum Schauspieler Fritz Muliar.
Auch die Atomgegner der ersten Stunde - die Plattform gegen Atomgefahr in Oberösterreich - stehen dem Volksbegehren kritisch gegenüber, man sei "nicht glücklich" darüber. Eine Empfehlung "egal in welche Richtung" wollte Plattform-Sprecher Josef Pühringer aber nicht abgeben.
Als Messlatte für einen Erfolg nannte die FPÖ den Einzug unter die "Top 10". Dazu müsste "Veto gegen Temelín" mindestens rund 360.000 Unterschriften erreichen. Um im Parlament behandelt zu werden, muss es von mindestens 100.000 Österreichern unterstützt werden. Das Volksbegehren findet vom 14. bis zum 21. Jänner statt.
Nähere Infos zum Volksbegehren im Internet unter http://vetogegentemelin.at oder zur Gegenitiative des Personenkomitees unter http://vetoneindanke.at