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Wenn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel heute mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu einer außenpolitischen "Tour d' horizon" zusammentrifft, liegt der eigentliche Schwerpunkt seines Arbeitsbesuches in Moskau schon hinter ihm. Denn der bestand eindeutig in der Verbesserung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Russland.
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Schüssel betonte ebenso wie sein gestriger Gesprächspartner, der Regierungsvorsitzende Michail Kasjanow, die Intensivierung der gegenseitigen Kontakte im vergangenen Jahr. Die bilateralen Beziehungen meinen beide, seien sehr gut, sogar "extrem gut", so der österreichische Kanzler. Aber auch bei dem Gespräch zwischen den beiden hochrangigen Delegationen - auf österreichischer Seite sind Minister Martin Bartenstein, Staatssekretärin Mares Rossmann und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl dabei - geht es vor allem um die Wirtschaft.
Kasjanow verweist auf das um sieben Prozent auf 1,9 Mrd. US-Dollar gewachsene Handelsvolumen, Schüssel auf die Steigerung der Exporte nach Russland um 40 Prozent im Vorjahr. Freilich seien, so der russische Regierungschef, noch Verbesserungen in Umsatz und Struktur nötig. Der Premier macht vor allem die Einseitigkeit bei den Exporten seines Landes Sorgen - ein Anteil von 90 Prozent entfällt nur auf Erdgas. Andere Verbesserungen hält wiederum die österreichische Seite für dringend nötig.
Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Exporte - sie machte trotz der Steigerung nur ein Prozent des österreichischen Außenhandelsvolumens aus. Es geht vielmehr darum, die jetzt allgemein registrierte Stabilisierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu nutzen. Schüssel meinte gegenüber Kasjanow, die jüngsten Erfolgsmeldungen von Russlands Ökonomie machten ihn "ein wenig grün vor Neid". Und auch an die österreichischen Unternehmer sendet der Kanzler die Botschaft des Fortschritts: "Es tut sich wirklich was" in Russland.
Unterdessen klagen aber die Investoren, die den russischen Markt bereits bearbeiten, oft noch über altbekannte Probleme: Neben der Arbeitsmoral sind dies wuchernde Bürokratie, Rechtsunsicherheit, Probleme beim Zoll und Behördenwillkür. All dies wird gegenüber Kasjanow zur Sprache gebracht - insbesondere das Fehlen eines Investitionsabkommens wird von den Österreichern bemängelt. Bartenstein hofft in diesem Zusammenhang, dass Russland es China gleich tut und bald WTO-Mitglied wird. Abkommen über den Tourismus sind da einfacher zu erzielen - ein solches wurde Montag Nachmittag unterzeichnet. Bereits jetzt tragen die Russen mit einem Nächtigungsplus von über 22 Prozent im Vorjahr zu Österreichs Tourismuswachstum bei. Die mehr als 460.000 Gäste konzentrieren sich aber vor allem auf den Winter - Staatssekretärin Rossmann strebt eine Ausweitung des Interesses auf das ganze Jahr an. Andererseits möchte man auch dem Fremdenverkehr im Osten mit heimischen Know-How auf die Sprünge helfen. Am Abend standen dann noch weitere Unterschriften auf dem Programm - sowohl von Wirtschaftsverträgen als auch von einem Memorandum über kleine und mittlere Unternehmen.
Für Bundeskanzler Schüssel war es jedenfalls ein gutes Zeichen, dass ihn rund 100 heimische Wirtschaftstreibende auf der Reise begleiteten. Das Interesse der Österreicher sei groß, so Schüssel - auch wenn es sich bei Russland um einen "Markt für Pioniere" handelt, wie es ein österreichischer Büromöbelhersteller formulierte. Aber auch dieser kann erobert werden, gibt man sich überzeugt - Wirtschaftsminister Bartenstein weiß die Mittel: "Optimismus, gepaart mit harter Arbeit".