Haider beharrt auf Volksbefragung. | SPÖ/ÖVP Kärnten begrüßen Entwurf. | Reaktionen der Slowenen gemischt. | Wien. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Die Verordnung für zweisprachige Ortstafeln in Kärnten, die Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vor wenigen Tagen in Auftrag gegeben hatte, sieht insgesamt zweisprachige Ortstafeln für 158 Ortschaften in Kärnten vor. Damit wird das so genannte "Karner-Papier" umgesetzt - ein Konsens, der schon im letzten Jahr gefunden wurde, aber an Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider scheiterte. Zu den bereits 77 stehenden Tafeln sollen weitere 81 bis zum Jahr 2009 dazukommen.
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Für das Bundeskanzleramt bildet die neue Verordnung, die ab 1. Juli in Kraft treten soll, eine "klare und verfassungskonforme Rechtsgrundlage". Es wird jedoch eingeräumt, dass die Zeit bis 2009 dazu genutzt werden sollte, auf allen politischen Ebenen einen Konsens zu finden. Schwierig dürfte das mit dem Koalitionspartner BZÖ werden. Für Haider ist der Entwurf zwar eine "Diskussionsgrundlage", aber ohne die Bevölkerung zu befragen, will er nicht zustimmen. Die Kärntner sollen "so schnell wie möglich" dazu befragt werden, sagte er. "Wenn die Landeswahlbehörde will", sei auch noch innerhalb der Begutachtungsfrist für die Verordnung, also bis 4. Juni, eine solche Befragung möglich.
SPÖ und ÖVP in Kärnten zeigen sich über Schüssels Vorstoß erfreut. Wenn Haider nun Einsicht zeige, "kann der dritte Anlauf des Bundeskanzlers jetzt erfolgreich sein", meinte ÖVP-Obmann Josef Martinz. Die Bevölkerung in Kärnten habe genug von der leidigen Diskussion über die Ortstafeln und wünsche sich eine Lösung, sagte SPÖ-Chefin Gaby Schaunig.
Weniger erfreut zeigen sich die Vertreter der Kärntner Slowenen. Marjan Sturm vom Zentralverband der slowenischen Organisation Kärntens ist zwar grundsätzlich positiv gestimmt, forderte aber noch Nachbesserungen. "Kein Grund für Jubel", meinte Rudi Vouk vom Rat der Kärntner Slowenen. Was den Slowenenvertreter aber am meisten aufstößt: Die im "Karner-Papier" enthaltene "Öffnungsklausel", die nach Bedarf Ortstafeln über die 158 hinaus ermöglichen sollte, sei im Entwurf gar nicht vorhanden.
Verfassungsrechtler befürchten, dass die neue Verordnung wieder nicht verfassungskonform sei. Das VfGH-Urteil werde bei weitem nicht erfüllt, so Heinz Mayer. Dieses empfiehlt die Aufstellung bei einem Slowenenanteil von 10 Prozent in Ortschaften. Das wären 398 Ortstafeln.
Auszüge aus der Verordnung:
In § 1 Der Verordnung werden 158 Orte aufgelistet.
In § 2 Abs. 2 heißt es: "Neue zweisprachige topographische Aufschriften auf Grund dieser Verordnung sind binnen angemessener Frist, jedenfalls bis 31. Dezember 2009 anzubringen; innerhalb dieser Frist können Maßnahmen gesetzt werden, die geeignet sind, die Akzeptanz innerhalb der betroffenen Bevölkerung zu fördern und einen breiten Meinungsbildungsprozess zu ermöglichen."
In den Erläuterungen heißt es: "Im Einzelnen waren für die Aufnahme von Ortschaften in den Verordnungsentwurf einerseits der jeweilige Anteil der Volksgruppenangehörigen an der Gesamtbevölkerung in diesen Ortschaften, wie er sich auf Grund statistischer Erhebungen (Volkszählung) ergibt, anderseits aber auch die von Ortschaft zu Ortschaft unterschiedlich zu beurteilenden Bedürfnisse und Besonderheiten im Hinblick auf das Interesse an der Erhaltung und Sicherung des Bestandes der Volksgruppe maßgeblich. Da dieser Aspekt letztlich vor allem von Vertretern der Volksgruppe selbst bewertet werden muss, erscheint es wesentlich, dass die Liste der in die Verordnung aufzunehmenden Ortschaften gemeinsam mit den für die slowenische Volksgruppe in Kärnten repräsentativen Organisationen erarbeitet worden ist ..."
Weiter: "Voraussetzung dafür, dass topographische Bezeichnungen überhaupt anzubringen sind, ist allerdings, dass dies in den jeweils in Betracht kommenden Rechtsvorschriften, insbesondere in der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO, vorgesehen ist. Eine Ortstafel ist beispielsweise dann nicht anzubringen, wenn eine Ortschaft über kein "verbautes Gebiet" im Sinne des § 53 Abs. 1Z17a StVO verfügt."