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Die Transitlawine, die täglich durch Österreich donnert, ist eines seiner größten Probleme. Umso mehr, als die mit der EU im Transitvertrag vereinbarten Lkw-Kontingente nicht eingehalten werden. Verkehrsminister Mathias Reichhold drängt darauf, eine so genannte Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission so rasch wie möglich einzubringen. Ein Schulterschluss mit den Landeshauptleuten von Tirol, Salzburg, Kärnten und Vorarlberg stärkt sein Vorhaben. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hingegen gibt sich zurückhaltend.
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Tirol ist nicht das einzige Bundesland, das auf eine Eindämmung des Lkw-Verkehrs drängt. Auch Salzburg, Kärnten und Vorarlberg wollen der Transitflut nicht länger untätig zusehen und fordern Konsequenzen. Zu diesem Behufe wurde Montag Abend der Transitgipfel mit den Landeshauptleuten Wendelin Weingartner (Tirol), Jörg Haider (Kärnten), Herbert Sausgruber (Vorarlberg) sowie Salzburgs Verkehrslandesrat Walter Blachfellner einberufen.
Kernpunkt der Erörterungen war die Kürzung des Ökopunkte-Kontingentes um eine Million Punkte, das sind 100.000 Fahrten im zweiten Halbjahr 2002. Die Zeit drängt, da die dritte und letzte Tranche für die Ökopunkte 2002 mit 1. Juli fällig wird. Und die Zahl der auszugebenden Ökopunkte kann im Folgejahr gekürzt werden, wenn im Jahr davor mehr als 8 Prozent Lkw durch Österreich gefahren sind. Das Referenzjahr ist 1991. 2001 gab es eine Überschreitung um 12 bis 13 Prozent, woraus sich eine Reduktion der Ökopunkte um eine Million errechnet.
Mithilfe der Untätigkeitsklage gegen die EU-Kommission soll zunächst erreicht werden, dass der bestehende Transitvertrag wenigstens eingehalten wird. Für die Zeit nach dessen Ende im Jahr 2003 will Reichhold eine Zwischenlösung ausverhandeln, um die Zeit bis zum Inkrafttreten der EU-Wegekostenrichtlinie zu überbrücken. Doch bis dahin könne es noch länger dauern, als man bisher erwartet habe, bestätigt der Verkehrsminister. Pessimistisch zeigt er sich in Hinblick auf die Verlängerung des Transitlimits: "Ich habe feststellen müssen, dass wir im EU-Raum dafür keine Verbündeten haben." Eine solche Begrenzung der Fahrten sei auch für den Osttransit derzeit nicht vorstellbar. Die schwache Alternative: Man müsse darauf achten, dass zumindest "umweltfreundlichere" Laster auf den Autobahnen herumtouren.
Der gemeinsame Politiker-Tenor: Alle Rechtsnormen müssten ausgeschöpft werden, da Österreich bei den Ökopunkten schon zu oft nachgegeben habe. Im Wissen darum, dass viele der Trümpfe schon von Anbeginn verspielt wurden, gab es herbe Kritik von Weingartner am Transitvertrag. Österreich habe sich damals schon über den Tisch ziehen lassen und falsche Werte und zu hohe Schadstoffemissionen akzeptiert. Haider stößt ins selbe Horn und stellt der EU die Rute ins Fenster. Sie könne sich aussuchen, ob sie beim Transitvertrag nachgibt oder ob "wir die ökologischen Aspekte in den Vordergrund rücken". Eine Möglichkeit sei es beispielsweise, die Mautstrecke der Brennerautobahn auf den Raum München bis Verona auszudehnen. Die Einnahmen der verlängerten Mautstrecke könnten dann zur Querfinanzierung des Brenner-Basistunnels herangezogen werden.
Fühlte sich Reichhold vor dem Ministerrat vom Koalitionspartner noch voll unterstützt, so zeigte sich der Kanzler nach demselben eher zurückhaltend, da er bisher noch nicht eingebunden war. Schüssel: Derzeit gelte es, die Angelegenheit juristisch zu bewerten. Eine "allfällige Klage" könne dann nur vom Verfassungsdienst eingebracht werden.