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In der FPÖ herrschte gestern Erleichterung über die Beilegung der Turbulenzen. In einer fünfstündigen Krisensitzung einigte sich der FPÖ-Bundesparteivorstand am Sonntagabend darauf, dass Parteichefin Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer mit einer Generalvollmacht ausgestattet wird, Altparteichef Jörg Haider wird im Koalitionsausschuss durch den Vorarlberger FP-Chef Hubert Gorbach ersetzt, unterstützt aber weiter die Bundespolitik. Peter Westenthaler bleibt Klubobmann. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel lobte gestern das Krisenmanagement von Riess-Passer und sieht sie gestärkt.
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Den Wechsel im Koalitionsausschuss nahm der Kanzler gelassen hin: Es sei "Sache der FPÖ", wen sie in den Koalitionsausschuss entsende. Er gehe davon aus, dass der Koalitionsvertrag weiter erfüllt wird und erwarte, "dass wir alle zu den Unterschriften und Inhalten stehen".
Schüssel verteidigte im ORF-"Mittagsjournal" die mediale Zurückhaltung der ÖVP in der Kommentierung der Vorgängen in der FPÖ. Es entspreche der "Fairness zwischen Partnern", dass sich die Volkspartei zurück genommen habe. Während andere Menschen aufgeregt seien, wolle er vorleben, dass man auch "einen kühlen Kopf behalten" müsse, sagte der Kanzler.
Riess-Passer machte noch am Sonntagabend nach dem FPÖ-Bundesparteivorstand deutlich, dass sie erneute öffentliche Kritik nicht akzeptieren werde. Mit der Generalvollmacht werde sie sicherstellen, "dass jemand, der sich nicht an die Spielregeln hält, in meinem Team nicht mitarbeiten kann". Ein Stil wie in den vergangenen Tagen dürfe nicht mehr vorkommen, betonte die Parteichefin.
Westenthaler gestand seine Fehler ein. Er habe gelernt, "dass man in Zukunft ausschließlich Diskussionen über Parteiinterna in den Gremien abführen wird".
Die intensive Aussprachen der freiheitlichen Parteispitze bezeichnete Gorbach gestern als "reinigendes Gewitter". Entscheidend sei, dass die Bundespartei gestärkt wurde, meinte Gorbach mit Hinweis auf die Generalvollmacht für die Parteichefin. Die Weichen seien voll auf konstruktive Reform- und Regierungsarbeit gestellt.
Als Ländervertreter im Koalitionsausschuss will Gorbach "im Sinne des Jörg Haider dort verhandeln". Haider werde weiterhin eine wichtige Rolle in der Bundespolitik spielen, "und das ist gut so".
Die Abspaltungstendenzen der Kärntner FPÖ sind auch vom Tisch: "Die FPÖ zieht jetzt wieder an einem Strang", kommentierte Landesparteiobmann Martin Strutz gestern in Klagenfurt das Ergebnis des Bundesparteivorstandes. Zum Thema Westenthaler stellte Strutz klar, am Klubobmann im Parlament sei "Kritik deutlich artikuliert" worden. Westenthaler habe erkannt, dass er Fehler gemacht hat und dies auch zugegeben. Die Aussage des Klubobmannes, Landeshauptmann Haider habe "schlechte Berater", habe er nicht auf sich bezogen, sagte Strutz. Zur Erklärung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, er sei wegen Strutz schon einmal aus der Politik ausgeschieden, sagte der Kärntner FP-Chef: "Ich habe gewisse Nehmerqualitäten. Er (Grasser) hat mein Vertrauen, er ist neben dem Landeshauptmann und der Vizekanzlerin einer der erfolgreichsten FPÖ-Politiker."
Der stv. Klubchef der Grünen, Karl Öllinger, meinte, die Regierung bleibe den "Launen Haiders" ausgeliefert. Die Ruhe in FPÖ werde nur "von kurzer Dauer sein". SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures konzentrierte ihre Kritik auf den Bundeskanzler und warf ihm, einen "verkrampften Gelassenheitshabitus" vor.
Donnerstag: Sondersitzung in Kärnten wegen Irak-Reise
Die von der Kärntner Volkspartei im Zusammenhang mit der Reise von LH Haider in den Irak beantragte Sondersitzung des Kärntner Landtages findet kommenden Donnerstag statt. Ob die ÖVP dabei gegen Haider ein Misstrauensvotum einbringen wird, ist noch offen. "Die Entscheidung fällt erst am Tag der Plenarsitzung", erklärte Landesobmann Georg Wurmitzer gestern. Die SPÖ begrüßte den Sonderlandtag, in dem man von Haider die Beantwortung zahlreicher offener Fragen einfordern werde.
Auch auf Bundesebene meldete sich die SPÖ gestern zur Irak-Reise zu Wort. Der stellvertretende Klubobmann Caspar Einem forderte den Bunderskanzler auf, den durch die Irak-Reise Haiders verursachten außenpolitischen Schaden für Österreich offen zu legen und zugleich zu sagen, wie die Bundesregierung diesen Schaden wieder gut machen wolle. Wissen will Einem auch, ob Außenministerin Benita Ferrero-Waldner "wirklich so ahnungslos war, wie sie selbst mehrfach erklärt hat".