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Schüssel: "Virtuelle Diskussion"

Von Brigitte Pechar

Europaarchiv

Während für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel das Thema Untersuchungsausschuss zum Verhalten der SPÖ während der Zeit der "Sanktionen" abgehakt ist, legte die FPÖ gestern neuerlich nach: Für LH Jörg Haider ist deutlich geworden, dass der frühere Bundeskanzler Viktor Klima am Zustandekommen der Sanktionen beteiligt war. Aufregung brachte auch eine Abfuhr von EU-Kommissar Franz Fischler für die Haider-Attacke gegen den SPÖ-Spitzenkandidaten Hannes Swoboda.


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Der Bundeskanzler will sich nicht länger an einer virtuellen Diskussion" beteiligen. Er bleibe dabei, dass ein Untersuchungsausschuss nicht sinnvoll sei, sagte Schüssel im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Ganz anders sieht das Vizekanzler Hubert Gorbach. Ob eine Aufklärung in einem U-Ausschuss oder durch eine Historikerkommission erfolgt, ist für ihn nicht entscheidend: Wichtig sei, dass die Wahrheit über das Verhalten von SPÖ-Politikern während der EU-"Sanktionszeit" ans Tageslicht komme.

Die Kärntner Freiheitlichen sehen sich durch ein Interview von Hans Peter Martin, der ja noch auf einem SPÖ-Ticket EU-Abgeordneter ist, bestätigt: Ex-Kanzler Klima habe damals ihm gegenüber am Telefon keinen Zweifel gelassen, dass er in die Vorbereitung der Sanktionen eingebunden gewesen sei. FP-Obmann Martin Stutz führt dies ins Treffen: Ein U-Ausschuss sei gerechtfertigter denn je.

Empört zeigte sich dagegen EU-Kommissar Franz Fischler über die Angriffe der FPÖ gegen Swoboda. Er bezeichnete die von Haider erhobene Forderung nach Entzug des Wahlrechts in der "Tiroler Tageszeitung" als "ungeheuerlich". Das sei "unter jeder Kritik".

Für den Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen ist "der eigentliche Skandal der Ruf Haiders nach Entzug des Wahlrechts". Leider bleibe diese Forderung so gut wie unbeachtet, es gebe zu wenig Widerspruch. Solch eine Diktion kenne man nur aus faschistischen oder kommunistischen Diktaturen.

Die ÖVP reagierte wenig erfreut auf die Kritik ihres Parteikollegen Fischler: Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sagte, Fischler sei eben "verpflichtet, europäisch zu denken und nicht österreichisch". Besonders scharf fiel naturgemäß die Replik der FPÖ aus. Klubchef Herbert Scheibner: "Offenbar will sich auch Fischler in die Gruppe der Österreich-Vernaderer einreihen."

Ob die Freiheitlichen tatsächlich einen Untersuchungsausschuss beantragen werden, soll unmittelbar vor der Sondersitzung des Nationalrats zur EU-Verfassung am Freitag entschieden werden.

Schüssel bleibt dabei: Ein Kommissar pro Land

Österreich sei in der Frage der künftigen Kommissarsbestellung auf EU-Ebene nicht isoliert, stellte der Kanzler klar. Zuletzt war davon die Rede gewesen, dass die österreichische Forderung nach einem Kommissar pro Land vom Tisch sein soll. Die österreichische Regierung halte weiter an ihrem Positionspapier fest, meinte Schüssel dazu. Jetzt müsse erst einmal die irische Ratspräsidentschaft einen konkreten Vorschlag auf den Tisch legen. Erst dann werde man sich damit auseinander setzen.