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Für die Meinungsforscher ist der Wechsel von Finanzminister Karl-Heinz Grasser ins VP-Lager ein gelungener Schachzug von Kanzler Wolfgang Schüssel, der sorgfältig und lange vorbereitet wurde.
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Dass der FP-Minister in der Endphase des Wahlkampfes die Fronten wechselt, "hilft der ÖVP sehr", betont Gallup-Chef Fritz Karmasin: "Schüssel kann damit bei FPÖ-Wählern in Wartestellung punkten." Das Angebot sei ein außergewöhnlicher und kluger Schritt, nach dem Motto: Never change a winning team. Und dass sich Grasser auf der Gewinnerstraße befand, zeigten die Umfragen: Er war der beliebteste Minister. Der Schaden, der nun für die FPÖ entstehe, sei groß.
Für Peter Ulram ist Grasser der "ideale Quereinsteiger, da er seinen Job schon kennt". Viele FP-Wähler, die mit der ÖVP geliebäugelt hätten, würden jetzt in ihrem Schwenk gefestigt. Die Abtrünnigen würden Grasser seinen Umstieg auch nicht übel nehmen. In der Endphase des Wahlkampfes hätten SPÖ und ÖVP nur ein Ziel: Stimmenstärkste Partei werden, egal auf wessen Kosten - und wenn es den möglichen Koalitionspartner trifft. Ulram skizziert einen möglichen Wahlausgang: Schüssel als Kanzler, ein paar SP-Minister und Grasser als Finanzminister. Der Politologe geht davon aus, dass die FPÖ nicht länger Schüssels Lieblingspartner ist. "Sie ist unberechenbar und nicht lenkbar geworden." Deshalb lege es die VP darauf an, die relative Mehrheit zu erringen. Da Grassers Fronten-Wechsel die FPÖ schwächt, werde "Schwarz-Rot immer wahrscheinlicher".
In den Umfragen liegt jedoch Rot-Grün aufgrund der FP-Krise klar vor Schwar-Blau, erklärt SORA-Chef Günther Ogris. Auch in Sachen Beliebtheit stünde es 48 zu 40 für Rot-Grün. Für Ogris hat der Schüssel-Coup ein Ziel: "Die mittlerweile kopflose FPÖ zu inhalieren." Sogar um den Preis, einen möglichen Koalitionspartner zu verlieren. Die Freiheitlichen liegen laut SORA deutlich unter 10 Prozent.
Ulram bestätigt, dass die ÖVP den FP-Absturz weit besser nutzte als die SPÖ: "Gusenbauer hat keine Angebote für FP-Wähler gemacht." Für eine Million unentschlossene Wähler ist Grasser, der nun in den VP-Wahlkampf einsteigt, die beste Hilfe.