Zum Hauptinhalt springen

Schutz vor Gewalt in der Familie

Von Stefanie Kühnberg

Wirtschaft

Umfangreiche | Hilfe für Opfer. | Wann wird das | Zusammenleben | unzumutbar? | Wien. Gewalt in der Familie ist auch für Juristen ein brisantes und aktuelles Thema. Sie bedeutet nicht bloß die Verletzung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität einer Person, sondern auch die Vernachlässigung oder Verwahrlosung von Kindern im familiären Umfeld. Wie können sich aber Betroffene gegen Übergriffe wehren?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Schutz vor Gewalttätigkeiten kann durch strafrechtliche Sanktionen (beispielsweise wegen einer Körperverletzung) sowie durch zivilrechtliche Bestimmungen (Schadenersatz bei sexueller Nötigung oder Vergewaltigung) erreicht werden. Zudem kann laut Sicherheitspolizeigesetz eine Person, von der eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit anderer ausgeht, aus einer Wohnung oder der unmittelbaren Umgebung weggewiesen sowie einem potentiellen Täter die Rückkehr in die Wohnung für eine gewisse Zeit verboten werden. Eine Wegweisung und ein so genanntes Betretungsverbot gelten für zehn, längstens aber für 20 Tage.

Einstweilige Verfügung

Als das effizienteste Rechtsschutzmittel zur Prävention von Gewalttaten im familiären Bereich hat sich in der Praxis der Erlass einer einstweiligen Verfügung (EV) erwiesen. Auf Antrag des Opfers kann dem Täter einerseits das Verlassen der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung sowie ein Verbot zur Rückkehr in diese Wohnung aufgetragen werden. Außerdem können der Aufenthalt an konkret zu bestimmenden Orten (etwa Schule, Arbeitsweg, Kindergarten) sowie die Kontaktaufnahme oder ein Zusammentreffen untersagt werden. Voraussetzung ist aber ein dringender Wohnbedarf des Antragstellers und die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens mit dem Täter.

Unzumutbar wird das Zusammenleben vor allem bei einer ernstlichen Bedrohung der seelischen (Stalking) oder körperlichen Gesundheit, der Unversehrtheit des Lebens oder der Freiheit, der Ehre oder des Vermögens. Zum geschützten Personenkreis zählen nahe Angehörige oder jene Personen, die mit dem Antragsgegner in einer familiären oder familienähnlichen Gemeinschaft leben oder gelebt haben.

Bei Eheleuten ist die Antragstellung auch ohne ein gleichzeitiges Verfahren zur Auflösung der Ehe zulässig. Der bedrohte Ehepartner kann daher nicht zur Erhebung einer Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder zu einem Verfahren zur Klärung der Benützungsberechtigung an der Wohnung gezwungen werden.

Höchstens drei Monate

Zuständig für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist das Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Gericht entscheidet, für welchen Zeitraum die einstweilige Verfügung angeordnet werden soll. Die Höchstdauer einer solchen EV beträgt grundsätzlich drei Monate.

Für die Beurteilung der Gefährdung einer Person, die Gewalt ausgesetzt ist, sind die Parteivorbringen sowie die Beweise (Polizeiberichte, ärztliche Atteste, Fotos, Zeugenaussagen) heranzuziehen. Gegen einen stattgebenden Gerichtsbeschluss kann binnen 14 Tagen Widerspruch erhoben werden.

Wird eine EV erlassen, so sind die zuständigen Sicherheitsbehörden sowie zusätzlich - bei Minderjährigen - der Jugendwohlfahrtsträger vom Inhalt des Gerichtsbeschlusses unverzüglich zu verständigen. Dem Täter sind alle Wohnungsschlüssel abzunehmen, er muss jedoch Gelegenheit bekommen, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen.

Das Gericht ist schließlich befugt, die Polizei mit dem Vollzug der einstweiligen Verfügung zu beauftragen.

Die Autorin ist Rechtsanwaltsanwärterin in Wien. Die ausführliche Fassung erscheint in der Familienzeitschrift (Linde-Verlag).