Sebastian Schütze, neuer Rektor der Uni Wien, über Geldnöte, befristete Stellen und Wissenschaftsjournalismus.
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Natürlich werde die Temperatur an der Universität Wien runter gehen, man werde auch auf Festbeleuchtung verzichten. Aber: "Es ist ganz zentral für mich, die Lehre wieder in den Seminarraum zurückzubringen, wir sind eine Präsenzuniversität", richtete Sebastian Schütze, der am Montag als neuer Rektor der Universität Wien startet, "seinen" 90.000 Studierenden Dienstagabend im "Klub der Bildungs- und WissenschaftsjournalistInnen" aus.
"Die Universität ist nicht nur didaktischer, sondern auch sozialer Raum. Studierende lernen auch mit- und voneinander", begründet Schütze seinen Wunsch zur Rückkehr im dritten Herbst mit Pandemie. Digitale Lernprozesse würden nicht vergessen, hybrider Unterricht stünde den Lehrenden frei. Corona-positiv Getestete müssten und sollten auch nicht an die Uni kommen, auch für Risikogruppen werde es digitale Ersatzangebote geben. Aber: "Es geht auch um die Berufschancen nach dem Studium. Wo lernt man Leute kennen, wo baut man sich so enge Netzwerke auf, wenn nicht an Universitäten."
"Fahren auf Sicht" auch wegen der Teuerung
Angesichts von Teuerung und in Folge steigender Personalkosten sagt Schütze, dass man "im Moment nur auf Sicht fahren könne". Energiekosten mit reiner Fernlehre sparen zu wollen, mache wenig Sinn, zumal die Personalkosten in etwa zwei Drittel der Gesamtkosten der Universität Wien ausmachten. Die Rektorinnen und Rektoren von TU Wien, TU Graz und Montanuniversität Leoben hatten am Montag vor einem Personalstopp gewarnt. 220 Millionen Euro fehlten an den drei Universitäten, gegebenenfalls könne man 600 hoch qualifizierte Arbeitsplätze in der Wissenschaft nicht besetzen. Anders der Uni Wien-Rektor: Er nennt zwar keine konkreten Lücken, ist sich aber sicher: "Wir werden Zusatzbudget bekommen. Im Vorfeld unnötig zu verunsichern, halte ich ein bisschen für gefährlich". Mittelfristig schwebt ihm ein zusätzliches "Center for Advanced Studies" in Wien vor, das könne die Reputation des Standortes fördern.
Ein Dorn im Auge ist ihm der Paragraf 109 des Universitätsgesetzes, wonach befristete Arbeitsverhältnisse nur bis zu einer Gesamtdauer von acht Jahren zulässig sind. Unbefristete Verträge als Alternative könne er sich in bestimmten Bereichen, etwa der Sprachvermittlung, vorstellen, "hier kann man stärker an Entfristungen denken, aber auch nicht pauschal. Das ist auch eine Budgetfrage. Ansonsten hält der neue Uni-Wien-Rektor ein Plädoyer für befristete Verträge: "Der Wissenschaftsbetrieb beruht auf Bewegung und internationalem Austausch."
Einen guten Austausch der Wissenschafterinnen und Wissenschafter wünscht sich Schütze auch mit Medien. Auch Förderung für Medien, die Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten anstellen, kann sich Schütze vorstellen. "Es kommt darauf an, wie es organisiert ist, aber ich bin grundsätzlich der Ansicht, dass ein so wichtiger Bereich auch gefördert werden soll. Dabei muss der Wissenschaftsjournalismus unabhängig bleiben."
Eine solche Förderung, die der Klub bereits mehrfach forderte, wird auch von der grünen Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger und von Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) goutiert. Bei der "Trust in Science and Democracy" vor kurzem sagte Polaschek jedenfalls, er wisse, "dass die zuständige Medienministerin durchaus ein offenes Ohr dafür hat".