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Schutzklausel: Kritik an Österreich

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

+++EU-Kommissar: "Übergangsfristen kontraproduktiv".


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Brüssel. "Die Welt wird kleiner, wir leben schneller", umreißt Forschungskommissar Janez Potocnik die Ausgangsposition. Die "herausfordernde Aufgabe für die EU" sei es nun, "die Lebensqualität in Europa zu erhalten oder zu verbessern". Das sei einfach gesagt die Essenz der Lissabon-Strategie.

Dafür müssten Forschung und Entwicklung vorangetrieben werden und eine Verlängerung der Schutzklauseln für die Arbeitsmärkte in den alten EU-Ländern sei kontraproduktiv, ist er überzeugt. Diesen Schritt würde er sich "zweimal überlegen". Die Freizügigkeit von Arbeitnehmern berge enormes wirtschaftliches Potential. Und das von Österreich und Deutschland gerne angeführte geografische Argument lässt Potocnik nicht gelten. So haben zwar Großbritannien, Irland und Schweden ihre Arbeitsmärkte geöffnet. Im Verhältnis zur Bevölkerung seien aber die meisten Arbeitskräfte aus den östlichen EU-Ländern in Irland gelandet.

85.000 wurden laut einer Studie des European Citizen Action Service im ersten Jahr nach der Erweiterung registriert, bei vier Millionen Einwohnern. "Und die Arbeitslosigkeit ist dabei noch gesunken", erklärt der Kommissar. Österreich dürfe auch nicht vergessen, welche Vorteile es aus der Erweiterung ziehe. Allein sein Heimatland Slowenien importiere mehr Waren aus Österreich als Russland. Kein Zweifel bestehe jedoch, dass jeder Staat der EU-15 das Recht dazu habe, seinen Arbeitsmarkt noch bis längstens 2011 abzuschotten.

Bei allen Mitgliedsländern liege die Verantwortung für mehr Forschung und Entwicklung in Europa. Die EU selbst hat nach der Budgeteinigung der Staats- und Regierungschefs weit weniger Geld zu Verfügung, als es sich die Brüsseler Behörden gewünscht hätten. Statt rund 70 Milliarden werden es für 2007 bis 2015 wohl weniger als 50 sein, heißt es in Kommissionskreisen. Doch das ist nur ein Bruchteil der Forschungsmittel, die in Europa ausgegeben werden. Die derzeitigen nationalen Förderungen machten ihn "nicht glücklich". Den könne das Ziel von drei Prozent des Bruttonationalprodukts bis 2010 erreicht werden, gehe es um hunderte Milliarden Euro mehr, bestätigten Diplomaten.

Embryo-Forschung

Die Forderungen von Österreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, Malta, Polen und der Slowakei nach einer grundsätzlichen Streichung von Forschungsprojekten mit embryonalen Stammzellen aus dem EU-Budget lehnte der Kommissar ab. Bei der Stammzellenforschung handle es sich um einen Bereich mit größtem Potential. 90 Prozent davon komme ohne embryonale Zellen aus. Jedes Projekt werde von einem wissenschaftlichen Expertenrat und einem Ethik-Gremium geprüft.