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Im Hintergrund läuft das Tauziehen um das Geld nach und aus Brüssel seit Monaten, nun findet es endlich vor dem Vorhang statt. Am Mittwoch hat EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger den Vorschlag der Kommission für den Haushaltsrahmen der Union 2021 bis 2027 präsentiert.
Oettinger stammt nicht nur aus Deutschland, dem wichtigsten EU-Nettozahler, er ist Ex-Ministerpräsident Baden-Württembergs, dessen Bürger im Ruf stehen, außer innovativ, fleißig und europabegeistert auch noch sparsam zu sein. Oettingers Vorschlag ist so gesehen jener einer schwäbischen Haufrau, die weiß, dass mehr Geld manchmal auch Probleme lösen kann.
Der künftige Haushaltsrahmen soll nominell von 1,03 auf 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Union steigen. Entscheidend ist jedoch, dass mit Großbritannien ein Nettozahler wegfällt, die Beiträge der verbliebenen Zahler, darunter Österreich, also steigen werden.
Im Gegenzug soll die EU weit stärker als bisher in den Schutz der Außengrenze und Bildung, Digitalisierung und Innovation investieren. Und Zahlungen an Brüssel sollen an die Einhaltung rechtsstaatlicher Kriterien geknüpft werden. Ein klar gegen die Regierungen von Ungarn und Polen gerichteter Schritt. Allerdings dürfen sich auch Tschechien, die Slowakei, Rumänien und Malta angesprochen fühlen.
Damit sind die Frontverläufe für die Verhandlungen abgesteckt.
Klar ist: Noch mehr Geld, wie es Grüne und linke Parteien fordern, wird es nicht geben.
Eher wahrscheinlich ist, dass die Summe noch schrumpfen wird. Dafür wird eine Gruppe von Nettozahlern sorgen, die von den Niederlanden angeführt wird und der auch Österreich angehört. Deren Ziel ist es, die Brüsseler Umverteilungsmaschinerie im Zaum und ihre Strukturen möglichst schlank zu halten. Das ist auch im Interesse Berlins, das dieses Mal froh ist, nicht ganz vorne an der Front kämpfen zu müssen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz hat Österreichs Position offensiv abgesteckt. Noch hat er den Freiraum dazu. Ab Juli muss er als EU-Ratsvorsitzender auf einen Kompromiss hinarbeiten, der allen Interessen gerecht wird. Auch jenen der heimischen Bauern, die jetzt schon lautstark vor Kürzungen warnen.
Wenn am Ende nächtelanger Verhandlungen wieder einmal alle 27 Staatschefs erschöpft aus Brüssel heimreisen und dort erklären, sie hätten wie die Löwen für ihr Land gekämpft, aber leider, leider nicht alle nationalen Anliegen durchsetzen können, dann hat Europa einmal mehr einen Schritt vorwärts auf seinem langen Weg geschafft. Und dann steht auch außer Zweifel, dass, wer Geld von der Union haben will, sich umso mehr an ihre Regeln halten muss.