Zum Hauptinhalt springen

Schwangere Angestellte im Vorteil?

Von Andreas Gerhartl

Wirtschaft

Anspruch auf | Fortsetzung des | Arbeitsverhältnisses. | Besserstellung nicht erforderlich. | Wien. Haben schwangere Frauen einen Anspruch auf die Fortsetzung eines befristeten Dienstverhältnisses? Und zwar nur deshalb, weil sie eben schwanger sind?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Befristete Dienstverhältnisse enden - sofern sie nicht verlängert werden - automatisch mit Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen wurden. Gemäß dem Gleichbehandlungsgesetz dürfen Arbeitnehmer bei der Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund des Geschlechtes nicht diskriminiert werden. Das Diskriminierungsverbot bezieht sich nicht nur auf die Beendigung durch Kündigung oder Entlassung, sondern umfasst alle Formen der Auflösung.

Da nur Frauen schwanger werden können, sind ausschließlich weibliche Arbeitnehmer davon betroffen, wenn der Arbeitgeber befristete Dienstverhältnisse von Schwangeren nicht verlängert. Man könnte nun darin eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes erkennen.

Das Diskriminierungsverbot gebietet allerdings keine Besserstellung der schwangeren Arbeitnehmerin gegenüber ihren Arbeitskollegen. Verboten ist lediglich, befristete Dienstverhältnisse aufgrund des Umstandes der Schwangerschaft nicht zu verlängern und diese daher durch Zeitablauf zu beenden. Gibt es daher andere, objektiv nachvollziehbare Gründe für die Beendigung wie etwa mangelhafte Arbeitsleistungen, ist der Arbeitgeber auch nicht dazu verhalten, das Dienstverhältnis zu verlängern.

Ausreden unzulässig

Die vielleicht am nächsten liegende Rechtfertigung des Arbeitgebers, dass er aufgrund der Schwangerschaft zumindest für die Zeit des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz nicht über die Arbeitskraft der Arbeitnehmerin verfügen kann und daher keinen Bedarf an der Verlängerung des Dienstverhältnisses hat, ist aus zwei Gründen unzulässig:

Erstens hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass das Argument, für die Dauer der Arbeitsverhinderung der schwangeren Arbeitnehmerin eine Ersatzkraft einstellen zu müssen, die Ablehnung einer schwangeren Bewerberin nicht rechtfertigen kann. Wenn dieses Argument nicht tauglich ist, ein Dienstverhältnis nicht zu begründen, kann es auch kein Argument sein, ein Dienstverhältnis nicht fortzusetzen.

Zweitens sieht das Gleichbehandlungsgesetz bei unmittelbarer Diskriminierung keine Rechtfertigungsmöglichkeit vor.

Keine Diskriminierung liegt allerdings vor, wenn das Dienstverhältnis durch Zeitablauf beendet wird und die schwangere Arbeitnehmerin selbst kein Interesse an einer Verlängerung hat.

Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber befristete Dienstverhältnisse generell - also auch bei Arbeitnehmern, die nicht schwanger sind - nicht verlängert, sondern durch Zeitablauf beendet. Auch in diesem Fall werden schwangere Arbeitnehmer durch die Beendigung ihrer Dienstverhältnisse nicht diskriminiert, da sie der Arbeitgeber nicht schlechter behandelt als andere Arbeitnehmer, die sich in derselben Situation befinden.

Rechte der Schwangeren

Liegt eine Diskriminierung vor, da es keine Rechtfertigung für die Nichtverlängerung gibt, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen daraus resultieren. Dabei wären zwei Möglichkeiten denkbar: ein Schadenersatz- oder ein Erfüllungsanspruch der diskriminierten Arbeitnehmerin. Dass sich in der Praxis die mittels Klage erzwungene Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als äußerst problematisch erweist, weil eine konstruktive Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist, mag rechtspolitisch von Bedeutung sein. Der Erfüllungsanspruch bei diskriminierender Beendigung des Arbeitsverhältnisses lässt sich dadurch aber nicht wegargumentieren.

Andreas Gerhartl ist Leiter der Personalabteilung des AMS Niederösterreich. Ein ausführlicher Beitrag zu dem Thema erscheint in der "Arbeitsund Sozialrechtskartei" des Linde Verlags.