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Neben Simmering könnte nach Sonntag auch in der Innenstadt ein blaues Fähnchen in der Bezirksvorstehung wehen.
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Wien. Es sind drei Dinge, auf die Markus Figl angesprochen wird. Auf seine Größe, zwei Meter, auf seinen berühmten Großonkel, Leopold Figl, und auf seine Konkurrenz: Ursula Stenzel. Seit zehn Jahren ist die ehemalige ORF-Journalistin und EU-Parlamentarierin Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt. Für die ÖVP. Seit dem 1. September ist das anders. Seither kandidiert Stenzel als "Unabhängige mit Unterstützung der freiheitlichen Partei." Die schwarze Hochburg Innenstadt könnte damit bald Geschichte sein. So könnte der nächste Bezirksvorsteher der Innenstadt nicht nur blau, sondern vielleicht pink, rot, grün oder gar unabhängig sein. Konkurrenz hat ÖVP-Kandidat Markus Figl genug.
Auf der einen Seite hat er die bunten Vögel, wie Neos-Kandidat Gregor Michael Raidl, Sohn des jetzigen Nationalbank-Präsidenten Claus Raidl oder der Anwalt Karl Newole, von der Initiative "Wir im Ersten", der im ganzen Bezirk publikumswirksam mit mehrsprachigen Plakaten wirbt. Auf der anderen die eher unbekannten stillen Wasser, wie der grüne Unternehmer Alexander Hirschenhauser und die AHS-Lehrerin Daniela Ecker-Stepp, die für die SPÖ als Bezirksvorsteherkandidatin ins Rennen geschickt wird.
Der Hauptgegner bleibt hingegen die amtierende Bezirksvorsteherin. Gewinnt Ursula Stenzel für die Freiheitlichen den 1. Bezirk, würde sie, möglicherweise neben Simmering, nach dem 11. Oktober den zweiten blauen Bezirksvorsteher der Stadt stellen.
Schrullige Bezirksmutter
Die City in blauer Hand? Markus Figl will das verhindern. Seit 20 Jahren ist der Jurist und studierte Politikwissenschafter für die ÖVP aktiv im Bezirk. Vor einem Jahr wurde er von der Partei zum Spitzenkandidaten für die Innere Stadt genannt. Ein Fauxpas, meinten viele auch innerhalb der ÖVP. Stenzels Demontage wäre unfein gewesen. Die Löwin, wie sich Stenzel gerne bezeichnet, war nicht bereit, in Ruhe ihre Wunden zu lecken. Im Gegenteil. Sie blies zum Gegenangriff und kandidiert hinter FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem Wiener FPÖ-Chef Johann Gudenus auf Platz 3 auf der FPÖ-Landesliste. Seither zieht sie mit als Löwen geschminkten Komparsen durch die Innenstadt, verteilt FPÖ-Flyer und Feuerzeuge, lädt zum persönlichen Treffen in Gasthäusern und in ihr Büro. Sie will ihren Sitz um jeden Preis halten. 2005 gewann die einstige EU-Abgeordnete den ersten Bezirk mit 43 Prozent - um 10 Prozent mehr als 2001. Und auch 2010 hat sie den Bezirk mit 38 Prozent sichern können.
Markus Figl zeigt sich davon unbeeindruckt. "Man wird am 11. Oktober sehen, ob sie den 1. Bezirk halten wird", sagt der 42-jährige Familienvater. Er steht am Graben und verteilt Flyer. "Der beste Kandidat", sagt er und hält Passantinnen Flyer mit seinem Konterfei hin. Die Frauen schauen irritiert. Er kichert. Ein bisschen unbeholfen wirkt der Zwei-Meter-Mann im Anzug, wie er da vorsichtig auf der Straße um Stimmen buhlt. Das Charisma seiner Konkurrentin hat er dabei nicht. Stenzel hat ein Image im Bezirk, ob als Punschhüttenverweigerin, die sich gegen die "sozialistische" Dominanz im Rathaus zur Wehr setzt oder als schrullige Bezirksmutter, die sich schon einmal für die Rettung eines Parkplatzes an einen Baum ketten will, um ein Statement zu setzen.
Markus Figl macht so etwas nicht. Er ruft an und stellt sich vor. Knapp 13.000 Wahlberechtigte gilt es, zu überzeugen. Mit knapp 4000 von ihnen hat Figl telefoniert und bei mehr als 100 hat er persönlich zu Hause vorbeigeschaut. Die meisten Bewohner wollen wissen, was er für mehr Anrainerparkplätze tut, gegen die Lärmbelästigung durch die Schanigärten, den unzumutbaren Schwedenplatz und die schmutzigen Pflastersteine im gesamten Bezirk. Gelegentlich beschweren sie sich bei ihm auch über die einstige Parteikollegin Stenzel, darüber, dass sie ihren "Verrat" nicht goutieren würden und wünschen ihm Glück für die Wahl. Figl bedankt sich höflich.
Hölzerner Jurist
Er ist hölzern. Und steht dazu. Holz ist schließlich nicht biegsam, selbst vor Wahlen nicht. So lässt er auch die eine oder andere Sympathisantin an seinem Informationsstand ratlos zurück, wenn sie von ihm fordert, ganz klar gegen Homosexualität und Abtreibung Stellung zu beziehen. "Jeder muss seinen eigenen Weg finden", sagt er, "und die Abtreibung ist klar mit der Fristenlösung geregelt." Enttäuscht dreht sich die junge Frau weg. "Ich hätte mir eine klarere Antwort von Ihnen erwartet", sagt sie. Figl lächelt höflich. "Ich werde den Leuten jetzt nicht sagen, was sie hören wollen, nur um gewählt zu werden."