)
ÖBB-Chef Christian Kern will Güterverkehr für Finanzinvestoren attraktiv machen. | ÖBB müssen sich an Schuldenbremse des Bundes "beteiligen".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Nach einem satten Verlust in Höhe von 330 Millionen Europa im Vorjahr hält ÖBB-Chef Christian Kern heuer in den großen ÖBB-Gesellschaften eine "schwarze Null" beim Betriebsergebnis für möglich. "Wir sind auf einem guten Weg", sagte er der "Wiener Zeitung". Die Zahl der Mitarbeiter sank um 2200, "und wir haben einen sinkenden Personalaufwand".
Kern, der sich im Personenverkehr nun mit und auf der Westbahn mit einem Konkurrenten auseinandersetzen muss, erwartet aber 2012 ein "schwieriges Jahr". Ein ausgeglichenes Ergebnis strebt er für kommendes Jahr an, obwohl die Wirtschaftsdaten nach Süden zeigen. Die Kapitalkosten sollen dann ab 2015 verdient werden, das würde einen Gewinn von 150 Millionen Euro erforderlich machen.
Private Beteiligung an Auslandstöchtern
2010 waren es Verluste im Güterverkehr, die die Bilanz verhagelten (in der die öffentlichen Zuwendungen etwa für Nebenbahnen als Einnahme gebucht werden). Auch hier ist die Sanierung auf dem Weg. Die ÖBB-Tochter Rail Cargo hat aber ein kaum noch wahrnehmbares Eigenkapital. "Expansion braucht aber Dotierung", sagte Kern. Binnen zweier Jahre sollen die Güterverkehrs-Gesellschaften, vor allem in Osteuropa, aber so aufgestellt sein, dass sie für private Finanzinvestoren interessant werden.
Kern hatte auch beim Eigentümer Republik ausgelotet, ob ein Kapitalzuschuss in Höhe von 400 Millionen möglich wäre. Das ist aber politisch unmöglich gewesen. Vielmehr soll die Bahn bei der Schuldenbremse mithelfen. Das Unternehmen investiert jährlich zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Euro - mit öffentlicher Haftung.
Bahn-Zulieferindustrie enorm wichtig
"Auch die ÖBB werden etwas beitragen müssen", räumt Kern ein. Verkehrsministerin Doris Bures will dem Vernehmen nach bis Weihnachten ein Zwischenergebnis auf den Tisch legen. Die ÖVP, zuletzt Martin Bartenstein, wollen, dass sich die ÖBB von teuren Großprojekten verabschiedet. Kern: " Wir brauchen dazu Vorgaben der Politik. Immerhin wurde der gültige Rahmenplan erst vor sechs Monaten im Nationalrat beschlossen." Beim Koralm-Tunnel etwa habe die ÖBB - wegen der bereits getätigten Investitionen - den "point-of-no-return" überschritten. Außerdem gab es hier eine Zusage der Regierung an Kärnten. "Auch beim Brenner gibt es Verträge, etwa mit Italien", gibt der ÖBB-Chef zu bedenken. Nach seinen Aussagen habe die ÖBB bereits 550 Millionen Euro eingespart, indem Bau-Projekte verkleinert wurden.
Diese politischen Gespräche dürften - so Kern - auch nicht besonders einfach werden, da es viele Betroffene dabei gibt. "Die heimische Bahn-Zulieferindustrie ist - im europäischen Vergleich - besonders stark und ist an der wirtschaftlichen Position der Bahn auch interessiert", sagte Kern. Einige dieser Unternehmen genießen durchaus Weltruf: An Plasser & Theurer etwa geht beim Gleisbau weltweit kein Weg vorbei. Die Baufirma Swietelsky ist beim Bahn-Trassenbau führend. Porr und Strabag sind im Tunnelbau aktiv, Unternehmen wie Siemens liefern Zug-Garnituren. Ein allzu herber Einschnitt bei den ÖBB-Investitionen - so die Befürchtung - würde in diesen Unternehmen Arbeitsplätze vernichten.
Dazu kommt im Personenverkehr ein wettbewerbsbedingter Preiskampf. Kern glaubt aber nicht, dass der nachhaltig sein wird. "Versorgungsindustrien wie die Bahn oder die Energiewirtschaft müssen hohe Summen in die Infrastruktur investieren. Auf Dauer ist der Preis da kein Wettbewerbsmittel." Auch in der Strom- und der Telekombranche sind nach der ersten Liberalisierungs-Welle die Preise wieder gestiegen. In den USA und Großbritannien hat sich gezeigt, dass im anderen Fall Investitionen ausbleiben und die jeweiligen Netze nicht mehr ausreichend belastbar werden.