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Wiener ÖVP-Kandidat Ikrath fordert Frauenquote für ATX-Unternehmen.
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Wien. Seit 2002 sitzt Michael Ikrath im Nationalrat - und wenn es nach dem 60-jährigen ÖVP-Abgeordneten geht, soll es auch noch mindestens fünf Jahre so bleiben. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn Ikrath, im Zivilberuf Generalsekretär des Sparkassenverbandes, ist Spitzenkandidat im Wiener Wahlkreis Nord-West mit den Bezirken Ottakring, Hernals, vor allem aber den bürgerlichen Währing und Döbling. Mit seinem Persönlichkeitswahlkampf könnte er allerdings in den eigenen Reihen anecken, setzt er doch unter anderem auf ein schwarzes Tabuthema: Frauenquoten.
"Im Gegensatz zur Linie der ÖVP bin ich für Frauenquoten in börsennotierten Unternehmen" - und zwar in Aufsichtsräten und Vorständen, erklärte Ikrath am Dienstag vor Journalisten. Damit ging er noch einen Schritt weiter als im März, wo er anlässlich des Frauentages eine Quote nur für Aufsichtsräte forderte.
Ikrath beruft sich dabei auf Studien von Deloitte und Boston Consulting, wonach sich in Unternehmen "ab einem Mix von 1:2" die Unternehmenskultur, die Wertentwicklung der Aktien und das betriebswirtschaftliche Ergebnis verbessern. Daher fordert er nicht nur für staatsnahe Betriebe, sondern für alle ATX-Unternehmen eine Quote von mindestens 30 Prozent. Bei Nichteinhalten müsse es "entsprechende Pönalisierungen" geben.
Wasser predigen
Ikrath gehört dem liberalen Flügel der ÖVP an. Ob sich aber eine oktroyierte Quote mit dem von ihm hochgehaltenen Liberalismus verträgt? "Nur als Ultima Ratio", sagt er. "Wenn ich feststelle, dass Freiwilligkeit nichts bringt und sich nichts bewegt, ist es zulässig, ordnungspolitisch einzugreifen, vor allem wenn es sonst für den Wirtschaftsstandort zum Nachteil wird."
Die Quote soll laut Ikrath als "Eisbrecher" fungieren und nach einer gewissen Zeit nicht mehr nötig sein. In der ÖVP ist man über den Vorstoß Ikraths nicht sonderlich erfreut. Der offizielle Tenor lautet: Die privaten Unternehmen müssten sich ihr Personal selbst aussuchen dürfen. Aus dem Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner heißt es: "Herr Ikrath soll in seinem Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen." Tatsächlich wird auch im Sparkassenverband die von Ikrath geforderte Quote bei weitem nicht erfüllt. So gibt es etwa im Vorstand der Erste Group nicht eine Frau, im Aufsichtsrat sind es vier von 15 (27 Prozent).
Es ist nicht das erste Mal, dass Ikrath ausschert. Als sich im Vorjahr der Wiener Abgeordnete Ferry Maier mit Enttäuschung über die eigene Partei und den Führungsstil von Klubobmann Karlheinz Kopf aus dem Parlament verabschiedete, legte Ikrath nach und kritisierte, dass die Regierung die Abgeordneten zu wenig einbinde. Damals überlegte er, aus der Politik auszusteigen. Nun will er doch weiter machen und hofft auf ein Grundmandat - denn dieses gebe ihm eine gewisse Unabhängigkeit von der Partei.
Wissen
Im Dezember 2003 hat Norwegen als erstes Land eine Frauenquote von 40 Prozent für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen eingeführt. Seit dem Vorjahr fordert die EU-Kommission eine solche 40-Prozent-Quote bis 2020.
In Österreich gibt es solche Regelungen nur für den staatsnahen Bereich. Hier hat sich die Bundesregierung im März 2011 verpflichtet, den Frauenanteil in Aufsichtsgremien der Unternehmen, an denen der Bund mit 50 Prozent und mehr beteiligt ist, bis Ende 2013 auf 25 Prozent zu erhöhen. Bis Ende 2018 soll der Anteil auf 35 Prozent angehoben werden. Im März 2013 lag der Anteil weiblicher Aufsichtsräte in den 55 Unternehmen, an denen der Bund mehr als 50 Prozent hält, bei 33 Prozent. Ein Jahr davor waren es nur 26 Prozent.