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Schwarzer Bodensatz

Von Bernd Vasari

Politik

ÖVP-Chef Blümel kritisiert Mindestsicherung als arbeitloses Grundeinkommen. AMS widerspricht.


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Wien. Was die Ausbeutung des Arbeiters im 19. Jahrhundert war, ist heute die Ausbeutung des Mittelstands. Dieser Ansicht ist jedenfalls Gernot Blümel, Landesparteiobmann der ÖVP. Er fügt hinzu: Die Ausbeutung des Arbeiters sei Geschichte, jene des Mittelstandes aber nicht. Er fordert daher einen "Richtungswechsel für die Leistungsbereiten" und damit eine "Politik für den Mittelstand". Als Heilmittel empfiehlt er Maßnahmen zur Entbürokratisierung und mehr Flexibilität beim Arbeitnehmerschutz.

"Denn die soziale Frage unserer Zeit ist die Frustration jener, die morgens aufstehen, hart arbeiten und am Ende des Monates gleich viel haben wie jene, die sich nur auf den Staat verlassen", sagt Blümel. Auf den Staat würden sich etwa Personen verlassen, die Mindestsicherung oder Arbeitslosengeld beziehen. Unter der rot-grünen Stadtregierung sei die Zahl der Mindestsicherungsbezieher sogar um 74.000 Menschen gestiegen, kritisiert Blümel.

Für den Parteiobmann ein unhaltbarer Zustand. "Die Mindestsicherung muss endlich wieder zu dem werden, wofür sie geschaffen wurde: als Überbrückungshilfe zum Wiedereinstieg und nicht als dauerhaftes arbeitsloses Grundeinkommen." Dabei gebe es genügend Möglichkeiten beim Arbeitslosenamt AMS, an Jobs zu kommen, versichert Blümel.

Beim AMS widerspricht man dieser Darstellung. Dass genügend Jobs vorhanden seien, entspreche nicht der Realität, sagt Sebastian Paulick, Sprecher des AMS. Im Gegenteil. "Die Menschen, die zu uns kommen, suchen sehr verzweifelt und sehr nachdrücklich nach Jobs. Es gibt auch Ausnahmen, das ist aber keinesfalls die Regel", erklärt Paulick. Kaum jemand, der seinen Job verliere, sei gerne arbeitslos. Zudem könne man es sich mit den Einnahmen aus dem Arbeitslosengeld nicht gemütlich machen.

Vor allem für Menschen mit schlechter Berufsausbildung haben sich die Chancen auf dem Jobmarkt verringert. So würde die Arbeitslosenquote von Wienern mit Pflichtschulabschluss bei 40 Prozent liegen. "Bei 45 Erwerbsjahren sind das 18 Jahre in Arbeitslosigkeit", sagt Paulick.

Gute Ausbildung erwünscht

Der Grund dafür liegt in der Beschaffenheit des Wiener Arbeitsmarktes. "Wien ist ein Dienstleistungsbundesland mit wenig Industrie, wo es etwa nur darum geht, eine Schraube nachzuziehen." Wiener Arbeitgeber würden daher nach Arbeitnehmern suchen, die eine gute Ausbildung haben.

Bei der SPÖ reagiert man verwundert auf die Aussagen von Blümel. SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch: "Es grenzt schon an eine Chuzpe, wenn der Wiener ÖVP-Chef die Ausbeutung des Mittelstandes herbeischwört, die ÖVP aber gleichzeitig auf Bundesebene den Wirtschaftsminister stellt." Die ÖVP würde zudem lieber Armut und Obdachlosigkeit in Kauf nehmen.