"Schieben Sie nichts auf Kärnten." | Grawe: BayernLB wollte nur noch raus. | München. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass ein österreichischer Landeshauptmann vor einem ausländischen Untersuchungsausschuss aussagt, aber die Situation ist ernst, und so hat sich Gerhard Dörfler am Freitag in die Höhle des bayrischen Löwen begeben.
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Der Freistaat erwägt nämlich, sich jene 3,75 Milliarden Euro, die die Bayerische Landesbank bei ihrer einstigen Tochter, der Kärntner Hypo Group Alpe Adria, versenkt hat, via Schadenersatzklagen zurückzuholen. Für den Kärntner Landeschef sind Ansprüche gegenüber seinem Bundesland, das 2007 am Anteilsverkauf an die Münchner gut verdient hat, jedoch ausgeschlossen: Es werde "sicher nicht der Fall sein", dass Kärnten Geld nach Bayern überweist, betonte Dörfler.
Die Verteidigungslinie ist klar: Die BayernLB habe unbedingt die Mehrheit an der Hypo übernehmen wollen - ungeachtet bekannter Risiken. Dörfler sprach vor dem Ausschuss von einem "leidenschaftlichen Brautwerben". Niemand sei über den Tisch gezogen worden. "Machen Sie nicht den Kleinen zum Täter", so Dörfler zu den bayrischen Landtagsabgeordneten.
Geschäft aufgebläht?
Die BayernLB hätte gemäß dem Ende Mai 2007 unterzeichneten Kaufvertrag noch bis März 2008 Zeit gehabt, die Hypo weiter zu prüfen, erklärt Dörfler. Die Münchner Bank habe aber das Closing - die Übertragung der Unternehmensanteile und die Zahlung des Kaufpreises - auf Oktober 2007 vorgezogen. Nach dem Kauf sei dann zunächst das Geschäft der Hypo enorm ausgeweitet worden, nur um letztlich eine "Vollbremsung" hinzulegen. Das habe den Schaden vergrößert, meinte Dörfler. Die Strategie sei vom Mehrheitseigentümer BayernLB vorgegeben worden. "Schieben Sie nichts auf Kärnten."
Auch ein anderer früherer Miteigentümer der Hypo, die Grazer Wechselseitige Versicherung (Grawe), reicht den Schwarzen Peter an die BayernLB weiter: Mitte 2009 habe man gemerkt, dass die Münchner unbedingt bei der Hypo aussteigen wollten, sagte Grawe-Vorstand Siegfried Grigg, Ex-Hypo-Aufsichtsrat. Grund seien Probleme im eigenen Haus mit faulen Wertpapieren gewesen. Die Überprüfung des Hypo-Kreditportfolios ab Sommer 2009, die massive Wertberichtigungen zur Folge hatte, sollte nur einen Vorwand liefern.
"Grobe Fahrlässigkeit"
Die Aussagen von Dörfler und Grigg sind Wasser auf die Mühlen der bayrischen Opposition. Diese ortet die Verantwortung für das Debakel in erster Linie bei den Vorständen und im mit prominenten CSU-Politikern besetzten Verwaltungsrat der BayernLB. Die Mitglieder dieser Gremien hätten "grob fahrlässig gehandelt" und seien "schadenersatzpflichtig", so Sepp Dürr von den Grünen. Ausschussvorsitzender Thomas Kreuzer von der CSU betont, dass der Ausstieg bei der Hypo richtig gewesen sei. Man hätte nicht "auf gut Glück" weitermachen können. Bei dem seinerzeitigen Anteilskauf hätte man auch bei einem späteren Closing nicht mehr vom unterschriebenen Vertrag zurücktreten können. Tatsächlich liest sich der Kaufvertrag so, dass - sobald die Behörden grünes Licht geben - das Closing durchzuführen war.
Nachdem sich etliche frühere BayernLB-Manager vor dem U-Ausschuss wegen laufender Verfahren der Aussage entschlagen hatten, war Dörfler vor der Sommerpause der unumstrittene Stargast im bayrischen Landtag. Richtig heiß wird es aber im Herbst: Dann muss Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber Rede und Antwort stehen. Bis Dezember sollen die Befragungen abgeschlossen sein, ein Schlussbericht könnte bis Februar oder März 2011 vorliegen.
Indes teilte die Hypo-Spitze am Freitag mit, im ersten Halbjahr weitere 600 Millionen Euro an Risikovorsorgen für faule Kredite bilden zu müssen. Für das Gesamtjahr 2010 wird mit bis zu einer Milliarde Euro gerechnet. Laut Hypo-Vorstandschef Gottwald Kranebitter liegt das im erwarteten Bereich.