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Nach dem Scheitern des Judoka Ludwig Paischer, der Tennis-Hoffnung Tamira Paszek und des Radrennfahrers Bernhard Eisel hatten die ORF-Kommentatoren den Samstag vorschnell schon als "schwarzen Tag" für Österreichs Olympia-Teilnnehmer abgeschrieben. Doch dann konnten 222.000 sportbegeisterte ORFeins-Seher am Abend doch ein wenig aufatmen, als sich Jürgen Melzer/Alex Peya im Tennis-Doppel gegen die Murray-Brüder ins Achtelfinale spielten.
Anders schwarz ging es dann allerdings für jene weiter, die Olympia den Rücken kehrten, auf ORF2 schalteten und sich von Friedrich Dürrenmatts Welterfolg "Der Besuch der alten Dame" begeistern ließen. Der ORF hatte im Gegensatz zum übrigen Sommerprogramm einen wirklichen Schatz aus der Archiv-Kiste geholt. Die 1956 in Zürich uraufgeführte Tragikomödie mit ihrem Tiefblick in die Abgründe der menschlichen Seele überzeugte auch in seiner gegenüber dem Stück abgeschlankten Verfilmung aus dem Jahre 2008 - vor allem durch die schauspielerischen Spitzenleistungen von Christiane Hörbiger als Claire Zachanassian und Michael Mendl als Heinz Ill.
486.000 Zuseher (6. Platz auf der Tagestopliste des ORF-TV) erlebten, dass sie nichts von ihrer bestürzenden Faszination eingebüßt hat: "Die alte Dame Korruption . . . die alte Dame Versuchung . . . die alte Dame Spekulation auf menschliche Gier - auf die menschliche Bereitschaft sich auch an . . . als unmenschlich Erkanntes zu gewöhnen", wie Friedrich Torberg vor mehr als 50 Jahren schrieb.