Bei den Iowa Caucuses kam es bei den Republikanern zu kontrollierten Überraschungen.
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Washington D.C./Des Moines. Der Abend war noch jung, aber die großen Verlierer der Iowa Caucuses standen bereits früh fest: die Meinungsforscher. Noch am Montagvormittag hatte eine Umfrage des an und für sich renommierten Quinnipac University Polling Institute vorhergesagt, dass es bei der ersten großen Bewährungsprobe bei der Kür der Präsidentschaftskandidaten der Parteien zumindest auf einer Seite einen klaren Sieger geben würde: Donald Trump.
Um elf Uhr abends Ortzeit sah das Ergebnis so aus: Senator Ted Cruz, am äußersten rechten Rand beheimateter Parteirebell, hatten die republikanischen Caucus-Wählerinnen und -Wähler mit 27,7 Prozent oder 51.047 Stimmen auf Platz eins gewählt. Auf Platz zwei folgt – relativ klar dahinter – Donald Trump mit 24,3 Prozent (44.837 Stimmen). Auf Platz drei landet – bemerkenswert knapp dahinter – der alte wie neue Liebling des Parteiestablishments: Marco Rubio, Senator von Florida (23,1 Prozent oder 42.577 Stimmen). Auf Platz vier landete der pensionierte Gehirnchirurg Ben Carson, wie Trump ein Quereinsteiger (9,3 Prozent). Auf Platz fünf immerhin Rand Paul, Senator von Kentucky und Bannertraeger des libertären Parteiflügels (4,5 Prozent). Danach wird es so richtig finster.
Niederlage mit Empfehlung der "New York Times"
Jeb Bush,Ex-Gouverneur von Florida und immerhin Sohn und Bruder zweier ehemaliger Präsidenten: 2,8 Prozent. Carly Fiorina, Ex-Vorstandsvorsitzende von Hewlett-Packard: 1,9. Ebenso viele wie John Kasich, der am Freitag noch die Wahlempfehlung der "New York Times" auf republikanischer Seite hatte einheimsen können. Was ihm im ruralen Iowa anscheinend mehr schadete als brachte.
Die große Frage lautet jetzt, wie sehr der Sieg von Cruz dem in allen nationalen Umfragen nach wie vor führenden Trump wirklich schaden wird, als der jetzt immerhin seinen Nimbus der vermeintlichen Unbesiegbarkeit verloren hat. Die zahlreichen Erstwähler, die der New Yorker Immobilienmagnat in Iowa mobilisieren konnte, reichten nicht aus, um dem texanischen Rechtsaußen auch nur nahe zu kommen. Als klarer Sieger kann sich zudem Marco Rubio fühlen. Wie die Ergebnisse der Iowa Caucuses einmal mehr bestätigen, repräsentiert der Sohn kubanischer Immigranten für das Establishment seiner Partei die mit Abstand beste aller Möglichkeiten, Extremisten wie Cruz und Populisten wie Trump das Wasser abzugraben.
Es wäre kein Wunder, wenn sich spätestens Anfang März, wenn sich die Kandidatenreihen zu lichten beginnen werden, aussichtslose Bewerber wie Chris Christie (Gouverneur von New Jersey, keine tausend Stimmen) oder sogar Rubios neuer Lieblingsfeind Bush hinter ihn stellen.
Sanders fordert Clinton tatsächlich heraus
Bei den Demokraten stand das Rennen um elf Uhr abends immer noch auf Messers Schneide. Zu diesem Zeitpunkt stand es zwischen den zwei Hauptbewerbern um die Nominierung buchstäblich fifty-fifty. (Martin O'Malley, der dritte verbliebene Kandidat, hatte sich noch vor der ersten Ergebnisverkündung aus dem Rennen zurückgezogen.) Am Ende dann hatte Clinton mit nur 0,2 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Ihr Konkurrent Bernie Sanders, der Senator aus Vermont, erhielt nach offiziellen Angaben der demokratischen Partei vom Dienstag 49,6 Prozent. Clinton landete bei der Abstimmung vom Montag bei 49,8 Prozent.
Fest stand ungeachtet des endgültigen Ausgangs, dass Bernie Sanders, 74-jähriger Senator aus Vermont und wortgewaltiger Wall-Street-Kritiker, Hillary Clinton einen großen Kampf geliefert hatte und mit einem ordentlichen Schub an Momentum nach New Hampshire weiterfahren kann, wo in einer Woche die ersten Vorwahlen ("Primaries") stattfinden – und wo er in allen Umfragen führt.
Das tut dort freilich auch noch Donald Trump. Der gelobte indes, in einer für seine Verhältnisse extrem zahmen Konzessionsrede, schon bald wieder nach Iowa zurückzukehren und sich vielleicht sogar einen Bauernhof dort zu kaufen.
Die wichtigsten Termine der US-Präsidentenwahl 2016
1. Februar - Urwahl in Iowa. Traditioneller Auftakt der Vorwahl-Phase, bei der die Bewerber Delegiertenstimmen ihrer Partei sammeln. Davon gibt es zwar in dem landwirtschaftlich geprägten Bundesstaat mit etwa drei Millionen Einwohnern und einem umstrittenen, stark basisdemokratischen Abstimmungsverfahren nur wenige. Hier können jedoch erste Trends erkennbar werden.
9. Februar - Vorwahl in New Hampshire. Wie in Iowa ist die Zahl der Delegierten hier an sich zwar klein, aber der Bundesstaat hat wegen der massiven Medienpräsenz für die Kandidaten die Bedeutung eines Sprungbretts.
1. März - "Super Tuesday" mit Vorwahlen in mehr als zehn Bundesstaaten. Wegen der großen Zahl der Delegierten könnte hier eine Vorentscheidung fallen.
15. März - Zwar wird an diesem Tag nur in fünf Staaten gewählt, darunter sind allerdings Florida, Illinois und Ohio, die viele Delegierte stellen. In den US-Medien wird daher auch vom "Super Tuesday, Part 2" gesprochen.
18. bis 21. Juli - Parteitag der Republikaner in Cleveland, Ohio.
25. bis 28. Juli - Parteitag der Demokraten in Philadelphia, Pennsylvania. Meist steht der Kandidat vor den jeweiligen Treffen schon fest, weswegen diese Parteitage den Ruf haben, nur noch reine Show-Veranstaltungen zu sein. Sollte sich allerdings kein Bewerber eine Mehrheit gesichert haben, würden die Delegierten hier den Kandidaten bestimmen.
26. September - Erste Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten in Dayton, Ohio.
4. Oktober - Fernsehdebatte der Kandidaten für das Amt des Vize-Präsidenten in Farmville, Virginia.
9. Oktober - Zweite Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten in St. Louis, Missouri.
19. Oktober - Dritte Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten in Las Vegas, Nevada.
8. November - Wahltag. Landesweite Abstimmung über den Präsidenten, das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats; dazu Landeswahlen und Volksabstimmungen in zahlreichen Bundesstaaten und Kommunen.
20. Januar 2017 - Vereidigung des neuen US-Präsidenten.