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Schwarzes Faible für rote Fibeln

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

ÖVP versucht Funktionäre mittels Faymann-Broschüre in Stimmung zu bringen - mit bekannten Themen


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Wien. Schon bei der Klausur
der ÖVP-Kandidaten am Dienstag in Wien hatte Parteiobmann Michael Spindelegger die schwarzen Wahlkämpfer vor sogenannten "Faymann-Steuern" gewarnt. Nun hat Generalsekretär Hannes Rauch eine Fibel mit Argumentationshilfen gegen rote Pläne zu Vermögens- und Erbschaftssteuern nachgereicht. Der Arbeitsaufwand dafür dürfte sich aber in Grenzen gehalten haben, denn über weite Strecken deckt sich dieses "Fibelchen" (Zitat Rauch) mit einer früheren ÖVP-Broschüre.

ÖVP-Generalsekretär Rauch hat offensichtlich ein Faible für Fibeln. Vor einem Jahr gab er "Rot-Grün - eine gefährliche Drohung" heraus, im Oktober folgte "Eigentumssteuer - Gift für den Mittelstand, Placebo für den Staatshaushalt, Opium für die Neidgenossen" und jetzt eben "Faymann-Steuern". Inhaltlich sind die letzten beiden allerdings nahezu identisch - nur wurden "Eigentumssteuern" halt durch "Faymann-Steuern" ersetzt.

"Reaktion auf ÖGB-Forderungen"

Rauch bezeichnet die ÖVP-Kampagne als Reaktion auf den Leitantrag beim ÖGB-Bundeskongress Ende Juni, in dem eine Erbschaftssteuer schon ab einer Höhe von 150.000 Euro gefordert wurde. Zwar hatten die Gewerkschafter die Höhe des Freibetrags letztlich offen gelassen, die ÖVP sieht aber alleine in der Forderung einen roten Angriff auf das Vermögen der Österreicher. Praktisch jede Eigentumswohnung koste mehr als 150.000 Euro, so Rauch.

"Für unsere Wähler sind Vermögenssteuern ein No-Go", sagt Rauch und beruft sich auf entsprechende Umfrageergebnisse. Seinen Funktionären gibt er nun dieselben "10 Argumente gegen Faymann-Steuern" mit auf den Weg, wie vorigen Oktober gegen die Eigentumssteuer: Diese seien "Gift für die Gesellschaft", würden "die Fleißigen bestrafen", seien "eine Retrosteuer, Schnüffelsteuer und ein Bürokratiemonster" und würden Betriebe vertreiben, außerdem sei "Österreich bereits jetzt ein Hochsteuerland". Daher: "kein weiteres Drehen an der Umverteilungsschraube" und "Nein zum Klassenkampf."

Allerdings ließ sich Rauch zu einer zumindest unseriösen Zitate-Verwendung hinreißen: So hatte Kanzler Werner Faymann zum Thema Finanztransaktionssteuer gesagt: "Das ist ein Einstieg, und ein Einstieg hat den Riesenvorteil, den kann man verlängern und man kann ihn auch erhöhen. Ich wäre für Erhöhungen durchaus aufgeschlossen." Die ÖVP verwendet das Zitat nun allerdings im Zusammenhang mit Vermögenssteuern.

In der ÖVP verteidigt man die Verwendung des Faymann-Zitats. Hier gehe es um den Zugang der SPÖ zu Steuern, nämlich dass wenn sie einmal eingeführt seien, diese nicht wieder abgeschafft, sondern tendenziell erhöht würden. Daher sei das Zitat, auch wenn im Zusammenhang mit Finanztransaktionssteuern getätigt, auch bezüglich Vermögenssteuern zulässig.

Offiziell richtet sich diese Fibel - wie schon die Vorgängerinnen- nur an die wahlkämpfenden ÖVP-Funktionäre. Sie soll ihnen quasi das argumentative Rüstzeug geben. Allerdings hätte Rauch die Broschüre nicht bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten präsentiert, wenn er sie geheim halten wollte. Sollte die Publikmachung der Provokation des politischen Gegners dienen, ging die Rechnung auch diesmal auf. SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer bezeichnete die ÖVP-Broschüre in einer Aussendung als "peinliche Copy-Paste-Aktion", bei der nur ein paar
Begriffe ausgetauscht und Zitate gefälscht wurden. Hier werde
bewusst gelogen, sagt Krainer und spricht von einer "Lügenkampagne".

SPÖ sammeltschwarze Widersprüche

Versucht die ÖVP, die Sozialdemokraten per Fibel in Sachen Steuern aufzumachen, tut dies die SPÖ vice versa mit einem Kompendium schwarzer Widersprüche. Die "Zick-Zack"-Sammlung beginnt mit Bildungspolitik, wo sich mehrere schwarze Landeshauptleute entgegen der Parteilinie für die Gesamtschule aussprechen, über Steuerfragen, wo die steirische Landesgruppe eine Erhöhung der Mehrwertsteuer fordert, während für Parteichef Michael Spindelegger Steuererhöhungen tabu sind.

Angriffsfläche bot die ÖVP auch mit ihrem Zick-Zack-Kurs in Sachen Bienensterben, wo man erst auf massiven öffentlichen Druck auf ein Verbot von Neonicotiniode umschwenkte. Und auch die Haltung der Volkspartei in Sachen Lockerung des Amtsgeheimnisses war widersprüchlich: Während Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz einen Beschluss noch vor der Wahl forderte, verhinderte seine Partei zuletzt aber genau das.