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ÖVP rechnet mit 40 Prozent, Grüne zittern um viertes Bundesratsmandat.
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Wien. Günther Platter kann sich zurücklehnen. Dem ehemaligen ÖVP-Minister und seit 2008 amtierenden Tiroler Landeshauptmann prophezeien rezente Umfragen und Meinungsforscher am kommenden Wahlsonntag in Tirol nicht nur Platz eins, sondern durchwegs ein Ergebnis über 40 Prozent. Interne Umfragen von ÖVP, SPÖ und FPÖ, die der "Wiener Zeitung" vorliegen, sehen die Partei des Landeshauptmanns gar bei bis zu 44 Prozent.
In Reichweite sei der Erfolg nicht nur wegen der zurückliegenden, ruhigen Regierungsperiode, sagt der Meinungsforscher Peter Hajek. Schließlich sind am Sonntag nicht nur die Stimmen der Liste "Gurgiser" und des Team Stronach, sondern auch jene der Liste "Vorwärts Tirol" am Markt - ebendiese erreichte bei den letzten Landtagswahlen 2013 9,5 Prozent. Zumindest laut den internen Umfragen der Parteien kann auch die SPÖ auf Zugewinne hoffen. Die Partei von Spitzenkandidatin Elisabeth Banik rechnet intern mit 17 bis 19 Prozent.
Eng könnte es für die Grünen werden. Der Druck auf die Landeschefin und Spitzenkandidatin Ingrid Felipe ist groß: Fallen die Grünen unter 10 Prozent (2013: 12,6 Prozent und fünf Landtagsmandate), ist es laut dem ÖVP-nahen Parlamentarismusexperten Werner Zögernitz so gut wie sicher, dass die Grünen im Bundesrat ein Mandat und damit auch den Klubstatus verlieren. Für diesen sind gesetzlich eigentlich fünf Mandate vorgesehen, ein Sonderbeschluss des Bundesrates brachte den Grünen dort auch mit aktuell nur vier Mandataren den Klubstatus.
Grüne bangen um Klubstatus
Ohne Klubstatus fallen die Grünen, die durch ihr Ausscheiden aus dem Nationalrat auf Fördermittel des Bundes verzichten müssen, auch um die Landesförderungen um. Zudem wären die Anfrage- und Antragsmöglichkeiten im Bundesrat stark eingeschränkt, was vor allem dem grünen Bundeschef Werner Kogler große Sorgen bereitet. In internen Umfragen sieht nur die ÖVP die Grünen bei bis zu 13 Prozent, alle anderen Parteien rechnen mit einem grünen Ergebnis deutlich unter der 10-Prozent-Marke.
Umso intensiver hat Felipe im Wahlkampf vor einer FPÖ-Regierungsbeteiligung gewarnt - "Schwarzgrün oder Schwarzblau", versuchte sie ein Duell mit den Freiheitlichen auszurufen. Die ÖVP, bis dato in einer Koalition mit den Grünen, sprach von "absurden Schreckensszenarien" und von "panischen" Erwartungen. Die FPÖ selbst kann in jedem Fall mit Zugewinnen rechnen, das Ausgangslevel von 9,3 Prozent liegt tief, in internen Umfragen rechnen die Blauen unter Spitzenkandidat Markus Abwerzger gar mit bis zu 23 Prozent. Ob der Skandal über weggeschnittene Passagen eines ORF-Tirol-Berichts über den FPÖ-Wahlkampf, in dem ein älterer Passant von "stinkenden Juden" und "Zucht und Ordnung in der Hitlerjugend" sprach, den Blauen eher hilft oder eher schadet, bleibt abzuwarten. Die Liederbuch-Affären diverser deutschnationaler Burschenschaften würden der Tiroler FPÖ eher "Gegenwind" bringen, sagt etwa der Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. Mit dem Einzug in den Landtag rechnen auch die Tiroler Neos.
Landeshauptmann Günther Platter gelang es zwar im Wahlkampf, sich alle Koalitionsvarianten offen zu lassen. Interne Querelen konnte er aber nicht vermeiden. So lieferten sich in Telfs die dortige Bürgerliste von Herbert Klieber, die Günther Platter unterstützt, und die Telfer Vizebürgermeisterin Cornelia Hagele einen Kampf via Postwurfsendungen über Hageles private Grundstückskäufe. Die Gründe seien als Sozialflächen gewidmet gewesen, warf Klieber der Vizebürgermeisterin vor, diese sah in den Angriffen "politische Verdrossenheit" ihres Konkurrenten.
Welche Koalition aber wird die Tiroler künftig regieren? Politikexperten und Meinungsforscher geben vor allem der SPÖ gute Chancen, es in die Landesregierung zu schaffen. Etwaige Verluste würden die Grünen als Partner unattraktiver machen, und Platter gelte nicht gerade als Fan von Schwarzblau, so der Tenor.
Tourismus pusht Wirtschaft
Prächtig läuft es unterdessen für Tirols Wirtschaft. Laut dem Bank-Austria-Volkswirt Robert Schwarz zählte Tirol 2017 mit 3,4 Prozent Wachstum (Prognose) neben der Steiermark und Oberösterreich zu den drei wachstumsstärksten Bundesländern, während die gesamte heimische Wirtschaft nach vorläufigen Zahlen ein Plus von 2,9 Prozent hatte. "Der Tourismus spielt in Tirol die größte Rolle", erklärt Schwarz. Ein Drittel der Nächtigungen in Österreich entfalle allein auf Tirol, dessen Tourismusbetriebe im Vorjahr 47,9 Millionen Übernachtungen (plus 2 Prozent) verzeichnet hätten. Für positive Impulse sorge aber auch die Baukonjunktur im Land - Stichwort: Wohnbau und Brenner-Basistunnel. Die Industriekonjunktur sei ebenfalls robust, so Schwarz.
Auch die Beschäftigung hat zuletzt stark zugelegt: Mit plus 2,3 Prozent auf 330.763 unselbständig Erwerbstätige hatte Tirol 2017 den stärksten Anstieg nach der Steiermark. Bei den Arbeitslosenzahlen wiederum gab es mit minus 8,7 Prozent auf 20.343 Jobsuchende nach der Steiermark den höchsten Rückgang, die Arbeitslosenquote sank von 6,4 auf 5,8 Prozent. Auch heuer sieht Schwarz für Tirol ein über dem Österreich-Niveau liegendes Wirtschaftswachstum: "Wir rechnen mit einem Dreier vor dem Komma." Die Tiroler Wirtschaftskammer geht von einem Wachstum von 3,0 bis 3,5 Prozent aus. Für ihre Mitgliedsbetriebe berichtete sie zu Jahresbeginn von vollen Auftragsbüchern und kräftig steigen den Investitionen. Die Stimmung in den Firmen sei noch nie so gut gewesen.