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Im slowakischen Wahlkampf gibt ausgerechnet ein anderes Land eines der Themen vor, die für Zwist sorgen.
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Zwischen den anderen riesigen Werbeflächen gehen die Wahlplakate fast unter. An der Autobahn, die sich durch den Stadtrand von Bratislava zieht, lächeln Jungfamilien glücklich über ihre neue Wohnungseinrichtung mit schwedischem Design, locken österreichische Supermärkte mit Sonderangeboten, bieten Männer im akkurat geschnittenen Anzug Versicherungen fürs Leben an. Und dazwischen wenden sich auch Politiker ans Volk. Robert Fico etwa, der Ministerpräsident der Slowakei.
Mit einem Anflug von mildem Lächeln blickt er in die Kamera, soll dabei aber dennoch staatstragend und seriös wirken. Wofür er arbeiten will, fasst die daneben stehende Botschaft in wenigen Worten zusammen: "Für das Volk, für die Slowakei".
In einem knappen Monat wählt das Land mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnern ein neues Parlament. "Und wahrscheinlich wird Fico wieder Premier werden", meint Zdenka. Der 35-Jährigen, die in der Marketing-Abteilung eines Pharma-Konzerns arbeitet, gefällt dieser Gedanke wenig. Sie hält Ficos linksgerichtete Partei Smer nicht für die beste Option. Doch wen sie wählen wird, weiß sie nicht. Ebenso wenig, ob sie überhaupt ihre Stimme abgeben wird.
Ihr Job nehme viel Zeit in Anspruch, erzählt Zdenka. Oft ist sie am Wochenende unterwegs, oft im Ausland. Deswegen habe sie auch nicht wirklich Zeit, sich mit Politik zu beschäftigen.
Sie ist nicht die Einzige, deren Interesse am politischen Geschehen begrenzt ist. Bei der Wahlbeteiligung rangiert die Slowakei regelmäßig auf den unteren Rängen in Europa. Bei der Parlamentswahl vor vier Jahren gab nur etwas mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten die Stimme ab. Und bei der Europawahl im Vorjahr fand gerade einmal jeder Fünfte den Weg an die Urne.
Da motivieren die jüngsten Streitigkeiten zwischen den Parteien potenzielle Wähler auch nicht unbedingt. So hat die Christdemokratische Bewegung beim Generalstaatsanwalt eine Strafanzeige gegen Smer erstattet. Der Vorsitzende der Bewegung - und ehemalige EU-Kommissar - Jan Figel wirft der Regierungsfraktion vor, durch Schwarzgelder finanziert worden zu sein. Dabei berief er sich auf Aussagen eines Smer-Mitbegründers. Dieser hatte erklärt, seine Partei sei durch ein Netzwerk von Unternehmern finanziert worden - und nicht alles sei in der offiziellen Buchhaltung ausgewiesen worden.
Dabei hatte Fico selbst das Thema Parteien-Finanzierung mit Schwarzgeld aufgebracht. Sein Vorwurf war allerdings an die oppositionelle Slowakische Demokratische und Christliche Union gerichtet.
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Eine größere Debatte im slowakischen Wahlkampf gibt allerdings ausgerechnet ein anderes Land vor. Ungarn möchte seiner in den Nachbarstaaten lebenden Minderheit die Staatsbürgerschaft verleihen. Was weder in Rumänien, noch in Serbien oder in der Slowakei auf Sympathie stößt. Für Premier Fico handelt es sich gar um "eine dumme und gefährliche Initiative". Sollte Budapest diese durchsetzen, werde sich Bratislava revanchieren. Und jenen, die die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten, den slowakischen Pass aberkennen.
Für ihr Vorhaben hat die jetzige ungarische Regierung wiederum bei ihrer Kampagne vor der Parlamentswahl geworben. Und je näher der Urnengang in der Slowakei rückt, umso harscher werden die Reaktionen slowakischer Politiker.
Dabei sind beide Staaten Mitglieder der Europäischen Union, beider Bürger haben einen EU-Pass. Aber was zählt Europa schon in nationalen Wahlkämpfen.