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Schwarzgeld wird zu Weißgeld

Von Brigitte Pechar

Politik

Bei 12 Milliarden Schwarzgeld könnte Fekter 3 Milliarden fürs Budget lukrieren.


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Wien. Jetzt ist es offiziell: Finanzministerin Maria Fekter reist am Freitag nach Bern, um mit ihrer Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Österreich zu unterzeichnen. Es ist rascher gegangen als vermutet. Verantwortlich dafür waren wohl die Vorlagen der Schweizer Abkommen mit Großbritannien und Deutschland. Das Abkommen soll Anfang 2013 in Kraft treten, erste Zahlungen aus der Schweiz erwartet man für Mitte 2013.

Dieses Abkommen ist für den österreichischen Budgetpfad bis 2016 nicht unerheblich. Im Sparpaket ist die Regierung davon ausgegangen, dass das Budget 2013 durch die Steuereintreibungen in der Schweiz mit einer Milliarde verbessert wird, in den Folgejahren rechnet das Ministerium mit 50 Millionen.

Bei dieser Milliarde wird es aber vermutlich nicht bleiben, denn Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 15 und 20 Milliarden österreichische Euro auf Schweizer Banken liegen. Zwar weiß niemand, wie viel davon Schwarzgeld ist, aber dass es mehr als vier Milliarden sind - davon ist jedenfalls auszugehen.

Mechanik des Abkommens ähnlich dem deutschen

Bei dem Abkommen hat man sich im Wesentlichen an die Mechanik gehalten, die für Deutschland gilt: Die Altsteueransprüche sind mit 15 bis 38 Prozent - je nachdem, wie viel Geld wie lange auf dem Konto liegt und welche Bewegungen es gegeben hat - zu besteuern. Dieser Prozentsatz sei zwar etwas geringer als jener für Deutschland, sagte Fekter am Donnerstag am Rande eines offiziellen Besuchs in Portugal, bei dem sie Bundespräsident Heinz Fischer begleitet hat. Die Ministerin erklärte dies aber damit, dass in Deutschland Steuerflucht aus Gewerbe-, Erbschafts- und Vermögenssteuer umfasse, während es in Österreich nur um Kapitalertragsteuer (KESt) und unter Umständen Einkommensteuer gehe.

Neben der einmaligen Abschlagssteuer für in der Vergangenheit nicht versteuerter Guthaben fällt in der Folge eine Steuer auf die Zinserträge (25 Prozent) an, die nach bisherigen Rechnungen jährlich 50 Millionen Euro bringen sollte.

12 bis 20 Milliarden österreichisches Geld sollen also laut Schätzungen in der Schweiz liegen. Wie viel davon Schwarzgeld ist, kann man nicht genau sagen. Nimmt man aber einen Durchschnittswert von 25 Prozent für die Abschlagszahlung, erhielte Österreich schon bei 8 Milliarden Schwarzgeld zwei Milliarden, bei 12 Milliarden Schwarzgeld wären das schon 3 Milliarden. Damit könnte sogar die derzeit in weite Ferne gerückte Finanztransaktionssteuer wettgemacht werden. Für diese sind nämlich im Budget ab 2014 jährlich je 500 Millionen Euro vorgesehen.

Ministerium rechnet mit Finanztransaktionssteuer

Allerdings geht man im Finanzministerium noch immer davon aus, dass die Finanztransaktionssteuer noch kommen wird: Schließlich gebe es einen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer. Und solche Vorschläge seien bisher umgesetzt worden, auch wenn es jahrelanger Debatten bedurfte, erklärte der Sprecher des Finanzministeriums, Harald Waiglein, der "Wiener Zeitung". Auch was die Höhe der zu erwartenden Einnahmen aus dem Steuerabkommen betrifft, nimmt Waiglein hochtrabenden Erwartungen den Wind aus den Segeln. "Wir schätzen lieber konservativ", sagt er und meint damit die vorgesehene eine Milliarde.

Was kann jemand tun, der Geld in der Schweiz hat?

Weder die Schweizer Banken noch die Schweizer Finanzverwaltung überprüft, ob es sich bei dem angelegten Geld um Schwarzgeld handelt. Österreichische Kontoinhaber müssen vielmehr an ihre Schweizer Bank eine Bestätigung der Finanz schicken, dass diese davon weiß.

Wer nichts unternimmt, dessen Altlasten werden pauschal mit 15 bis 38 Prozent besteuert, das Geld wird nach Österreich transferiert, der Kontoinhaber bleibt anonym.

Wer versteuertes Geld in der Schweiz angelegt hat - zum Beispiel Manager, die ihr versteuertes Einkommen dort der KESt entziehen wollten -, kann dies in Österreich offenlegen und zahlt damit nur die in den Jahren angefallene KESt nach.

Aber auch, wer Schwarzgeld geparkt hat, kann bei den österreichischen Finanzbehörden Selbstanzeige erstatten. Er zahlt dann keine Strafe, sondern nur die Steuer nach. Nach zehn Jahren ist aber eine Steuerschuld in Österreich bereits verjährt.

Wenig aussichtsreich gestalten sich derzeit übrigens die Verhandlungen über ein Steuerabkommen mit Liechtenstein, die schon seit einem Jahr geführt werden.

Informationsaustausch

ist in Gefahr

Für den Finanzwissenschafter Werner Doralt ist aber bei dem Abkommen nicht so wichtig, wie mit den Altsteueransprüchen umgegangen wird, vielmehr müsse die Frage nach künftigen Geldtransfers in die Schweiz gestellt werden. "Wird in dem Abkommen auch der Ersttransfer von Geld aus Österreich in die Schweiz nach 2013 geregelt?"

Vor allem stört Doralt, dass Österreich mit diesem Abkommen die politische Forderung nach Informationsaustausch aufgibt. Da dies de facto der Fall sei, müsste der Steuersatz für Geldtransfers in die Schweiz ab 2013 aber 50 Prozent betragen. Nicht erfasst wäre auch dann noch die in der Regel ebenfalls hinterzogene Umsatzsteuer in Höhe von 20 Prozent, sagt der Steuerexperte.

FPÖ-Kritik an Ablasshandel für Steuerhinterzieher

Die Opposition lässt an den Steuerdeal mit der Schweiz kein gutes Haar. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sprach von einem "Ablasshandel für kriminelle Steuerhinterzieher". Die "Motivation zur Steuerehrlichkeit" werde sinken, denn "gegebenenfalls wartet man halt auf die nächste Amnestie". Strache wünscht sich dagegen mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer in Österreich.

Der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler, warf Finanzministerin Fekter vor, Steuerbetrug und Geldwäsche zu verharmlosen: "Wo gibt es das sonst, dass sich ein Betrüger durch Rückgabe eines Teils der Beute eine völlige Amnestie erkaufen kann?"

Die Finanzministerin, so BZÖ-Chef Josef Bucher, solle "endlich die Interessen jener Bürgerinnen und Bürger vertreten, die ihrer Steuerpflicht in Österreich ehrlich nachkommen."

Ins selbe Horn stieß der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl: "Es ist ein Skandal, wie die großen Steuersünder geschont und begnadigt werden sollen, nur um das Budgetloch zu stopfen", echauffierte er sich. Die "richtig großen Fische" hätten noch dazu jetzt bis 2013 Zeit, "ihre Millionen in ein anderes Land zu verschieben". Attac warf der Regierung Scheinheiligkeit vor: Einerseits blockiere Österreich mit seinem Bankgeheimnis die Überarbeitung der EU-Zinsrichtlinie, anderseits werde der Deal mit der Schweiz als großer Erfolg gefeiert.

Positive Worte kamen hingegen von Gewerkschaftsbundchef Erich Foglar. Er begrüße grundsätzlich, dass es eine Einigung gebe, wenngleich man mit dem Abkommen "viel zu lange gewartet" habe.