Krisenstimmung rund um Göteborg. | Renault als Käufer für Volvo genannt. | Stockholm. Der schwarze Schatten der US-Automobilkrise hat jetzt Schweden erreicht. Nur einen Tag, nachdem der krisengeschüttelte US-Haupteigentümer Ford angekündigt hat, dass die Volvo-Personenwagensparte "unter allen Umständen" abgestoßen werden soll, kündigte auch der Saab-Eigentümer General Motors (GM) an, die schwedische Tochter "so schnell wie möglich" loswerden zu wollen. Experten schließen inzwischen nicht mehr aus, dass beide Traditionsmarken ganz verschwinden - mit fatalen Folgen für die schwedische Wirtschaft.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Für die US-Autogiganten sind die schwedischen Automarken zu kleinen, aber ärgerlichen finanziellen Belastungen geworden.
Saab hat seit dem Einstieg von GM vor 20 Jahren nie Gewinne erzielen können. Seit der vollständigen Übernahme vor elf Jahren musste GM für Verluste von 2,4 Milliarden Euro geradestehen.
Und auch das 1915 gegründete schwedische Urgestein Volvo mit seinem lange erfolgreichen Leitmotto "Sicherheit aus Schwedenstahl" - noch vor zwei Jahren warf Volvo Gewinne von insgesamt 3,5 Milliarden Euro ab - ist inzwischen tief in die roten Zahlen gerutscht. Im November brach der US-Absatz von Volvo um 46 Prozent ein. Die Einstellungsgerüchte werden jetzt den Autoverkauf weiter bremsen, glauben schwedische Analysten.
Was für die Amerikaner relativ kleine Autofirmen sind, bedeutet für Schweden mit seinen nur neun Millionen Einwohnern einen zentralen Stützpfeiler der Volkswirtschaft. Die Autoindustrie, von der 150.000 Schweden direkt oder indirekt abhängig sind, konzentriert sich vor allem an der Westküste um Göteborg. Die Zeitungen sind seit einigen Wochen voll von Reportagen über verängstigte Autoarbeiterfamilien. Die Krisenstimmung hat sich im Alltag bemerkbar gemacht. Selbst vom Aufschwung des Weihnachtsgeschäfts ist im Einzelhandel deutlich weniger zu spüren als woanders.
Regierung bleibt kühl
Die bürgerliche Regierung bleibt kühl. Sie weigert sich trotz voller Haushaltskassen, schützend einzugreifen. Das sei den Steuerzahlern nicht zuzumuten. Nachdem der US-Kongress klargestellt hatte, dass eventuelle US-Beihilfe für Detroit nicht an Produzenten im Ausland abfließen dürften, hatten die US-Autobauer direkt bei der schwedischen Regierung um finanzielle Hilfe gebeten, um den Untergang der schwedischen Marken abzuwenden - ähnlich wie die GM-Tochter Opel in Deutschland. Industrieministerin Maud Olofsson aber betonte: "Es ist nicht Aufgabe des Staats, Autofabriken zu betreiben." Sie versprach nur eine kleinere Forschungsbeihilfe von 45 Millionen Euro und die Möglichkeit von Kreditgarantien.
Während für Volvo viele den französischen Autobauer Renault als geeigneten Käufer sehen, glaubt Saab-Chef Jan-Ake Jonsson selbst nicht an einen Verkauf von Saab. Eine Herauslösung aus GM sei praktisch nicht möglich. "Wir sind zu stark in die GM-Struktur integriert", warnte er.
Bauernopfer?
Hakan Matson von der Wirtschaftszeitung "Dagens Industri", wohl der bekannteste Autobranchenjournalist Schwedens, glaubt, die Konzerne Ford und GM wollten dem US-Kongress Saab und Volvo als Bauernopfer liefern, um an überlebensnotwendige Finanzhilfen für die US-Hersteller zu kommen. Dies, obwohl beide Marken mit insgesamt 23.000 Angestellten und einem Produktionsvolumen von 400.000 Autos bei Volvo und maximal 175.000 Autos bei Saab die Gesamtbilanzen der Autogiganten kaum berührten. Letztlich falle die Entscheidung über die Zukunft für Schwedens Autoindustrie damit im US-Kongress.