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Schweigen ist Gold

Von Tamara Arthofer

Kommentare

Auf der Suche nach Erklärungen stößt man auch auf die abstrusesten. Da ist es manchmal besser, einfach nichts zu sagen.


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Sport-Ressortleiterin Tamara Arthofer.

<p>In Public-Viewing-Zonen gibt’s ja so allerhand, Becherentleerendes wie Sinnentleertes gleichermaßen. So auch an diesem sportlich verhängnisvollen Dienstagabend, als Österreichs Fußball-Team vom gefühlten Europameister zum Deppen der Nation wurde. Dass Marcel Koller und die Spieler stets in weiser Voraussicht vor übergroßer Euphorie gewarnt hatten, dass man immer wieder betont hatte, kein Land wäre aus dem Nichts bei der Euro, also nicht einmal die Ungarn, dass man sich gegen spielerisch zwar nicht allzu starke, defensiv aber gut eingestellte Mannschaften traditionell schwer tut, zählte plötzlich nichts mehr; dass der Spielverlauf eher ungünstig war, ebenso wenig. Die Leistung war schwach, das erste Foul, das Aleksandar Dragovic die gelbe Karte eingebracht hatte und damit zur Hälfte schuld an seinem Ausschluss gewesen war, komplett unnötig. Doch die erzürnte wie biergetränkte Fanseele sucht gar nicht erst nach Erklärungen, man ist schließlich nicht zum Spaß da, man weiß es ohnehin besser: "Die laufen so wenig, weil sie mehr bezahlt bekommen wollen." Muss einem auch mal mehr sagen, denn von selbst wären wohl die wenigsten auf die Idee gekommen. Man kann schließlich davon ausgehen, dass kein Spieler dieser Europameisterschaft absichtlich schlecht spielen würde, die historische Chance auf den Aufstieg ins Achtelfinale – und, wenn man schon bei diesem Argument bleiben will – jene, seinen Markwert zu erhöhen, freiwillig auslassen würde. Aber wo es schon keine vernünftige Erklärung zu geben scheint, müssen eben auch die abstrusesten herhalten. Zumal viele Koller und den Spielern eh nicht mehr zuhören wollten. Alles, was sie sagten, wurde nach diesem Match belächelt, ins Lächerliche gezogen, bestenfalls als blöde Ausrede hingestellt. So konnten sie einem fast leid tun, als sie, David Alaba, Aleksandar Dragovic, Christian Fuchs und Marko Arnautovic nach der Reihe vors ORF-Mikrofon geschleift wurden. Letzterem war die Enttäuschung – die ganz gewiss nicht von einem Prämienstreit herrührt – ganz besonders ins Gesicht geschrieben. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Besser ich sage gar nichts", sagte er. Es war vielleicht das Vernünftigste, was man an diesem Abend hören sollte. Manche Fans sollten es sich, bei aller berechtigten Enttäuschung, vielleicht auch zu Herzen nehmen.