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Die Diskussion rund um sexuelle Belästigung, die mit dem Outing der früheren Skifahrerin Nicola Werdenigg zuletzt auch den Sport erreicht hat, ist seit Donnerstag um eine Aufregung reicher. Denn wie das Linzer Market-Institut in einer aktuellen Umfrage erhoben hat, geht die Thematik vielen offenbar bereits auf die Nerven. So halten sechs von zehn Österreichern die MeToo-Debatte für übertrieben. Weiters glauben praktisch alle Befragten, dass die betroffenen Frauen zumindest in Ausnahmefällen einen Nutzen aus einer sexuellen Belästigung ziehen. Das ist interessant, wenn man bedenkt, dass in derselben Umfrage vier von zehn Frauen angeben, schon einmal belästigt worden zu sein. Und zählt man jene elf Prozent dazu, die nicht darüber reden wollten, sind es sogar fünf von zehn. Dann beträfe nämlich, wie die Studienautoren betonten, "sexuelle Belästigung in Österreich jede zweite Frau".
Klingt übertrieben? Vermutlich nicht. Denn besieht man die lange Liste an Vorfällen seit den ersten Missbrauchsskandalen, so kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass es sich hier um ein systematisches Problem handelt. Migrationshintergrund und Alkohol bilden hier aber nur eine Seite der Medaille, geht es doch in den meisten Fällen um Macht. Das gilt besonders - wie Werdeniggs Aussagen belegen - für den Sport, wo es stark um Leistung und Karriere geht. Dass sich bisher nur zwei Athletinnen aus der Deckung gewagt haben, erscheint da wie eine Chuzpe. Zu schweigen - und dazu zählt auch das Nicht-Benennen der Täter - ist da keine Lösung. Anders darf man sich nicht wundern, dass Umfragen so ausgehen.