Bereits 100.000 Österreicher gegen Schweinegrippe geimpft. | Normaler Krankheitsverlauf weniger schwer als befürchtet. | Wien. In Europa sind in den vergangenen Wochen die Impfungen gegen die Schweinegrippe angelaufen. In Österreich ließen sich bisher rund 100.000 Menschen immunisieren. Die Impfung ist offenbar gut verträglich. | Gesundheitsminister rechnet mit leichtem Verlauf | Dossier: Schweinegrippe
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In ganz Europa wurden nur 44 Fälle mit Nebenwirkungen nach Impfungen mit Celvapan gemeldet, 22 davon kamen aus Österreich. Gleichwohl Experten zur Impfung raten, ist die Schweinegrippe ist offenbar weniger gefährlich als befürchtet.
Der Anteil an Nebenwirkungs-Meldungen für Österreich mag auf den ersten Blick relativ hoch erscheinen. Aber die 44 Fälle sind darauf zurückzufühen, dass der A(H1N1)-Impfstoff Celvapan in Österreich flächendeckend zum Einsatz kommt, in anderen Ländern aber nicht. Das erklärte am Wochenende Marcus Müllner, Chef der österreichischen Arzneimittelagentur AGESPharmMed. Auch seien schon viele Personen geimpft worden, da liegt der Anteil an Beschwerden naturgemäß höher: "Wir wissen seit Jahrzehnten, wie Grippeimpfungen funktionieren. Jetzt bestätigt sich für 'Celvapan' punktgenau, was wir erwartet haben."
Nach der Impfung ins Spital
Celvapan wird nur in Irland in größeren Mengen eingesetzt. "In Europa gab es bisher 44 Nebenwirkungsmeldungen für den in Österreich verwendeten Impfstoff. 18 kamen aus Irland, fünf aus Großbritannien und 22 aus Österreich. Sechs waren schwerwiegende Probleme, drei davon waren Meldungen über schwerwiegende mögliche Nebenwirkungen, drei sogenannte Anaphylaxien (unmittelbar nach der Impfung auftretender Blutdruckabfall, Kollaps - die Schwere kann bis zu einem Schockzustand reichen, Anm.). Aus Österreich kam bisher eine Meldung über eine mögliche schwere Nebenwirkung. Ein Patient wurde wegen Atemnot im Spital aufgenommen; die genauen Umstände sind noch unklar. Sonst gab es Meldungen über Muskelschmerzen, Fieberreaktionen, Kopfweh und Bauchschmerzen."
Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung ist einstweilen nicht belegt. Müllner: "Einen dramatischen Fall hatten wir in Österreich bisher nicht. Die Meldungen sind durchaus typisch für eine Influenza-Impfung."
Schweinegrippe weniger gefährlich als befürchtet?
Ingesamt dürfte die Schweinegrippe - so eine neue Risikoabschätzung von Marcus Müllner - "gleich oder sogar etwas weniger gefährlich als die saisonale Grippe" sein. Der AGESPharmMed-Chef: "Auf der Basis der Zahlen aus Australien und Neuseeland kann man für Österreich auf eine Population von neun Millionen Menschen abschätzen, dass - so niemand geimpft ist - rund 1.600 Patienten wegen der Schweinegrippe ins Spital aufgenommen werden müssen. Es könnte zu rund 290 Aufnahmen in Intensivstationen kommen. 40 bis 60 Todesfälle könnten auftreten."
Das wäre wesentlich weniger als das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC) am Beginn der Pandemie als Worst Case-Szenario errechnete. Müllner: "Da wären wir auf Österreich umgelegt auf 27.000 Krankenhausaufnahmen gekommen, auf 6.700 Intensivpatienten und auf 2.700 Todesfälle. Aber man muss trotzdem sagen: Es werden viele Österreicher erkranken, einige schwer. Die Kapazität von Krankenhäusern und besonders von Intensivstationen könnte zeitweise überlastungsgefährdet sein."
Deshalb plädiert Müllner weiter für die Impfung: Statt 1.500 Krankenhausaufnahmen ohne Impfung wären bei der Immunisierung aller Österreicher nur etwa 100 zu erwarten. Statt rund 300 Aufnahmen in Intensivstationen ohne Immunisierung wäre bei einer generellen Durchimpfung mit zehn Aufnahmen in Intensivstationen zu rechnen - vor allem als Folge von anaphylaktischen Reaktionen. 40 Todesopfer durch die Influenza (ohne Impfung) stünde wahrscheinlich statistisch weniger als ein Todesopfer als Folge der Impfungen gegenüber.