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Schweinerei in geputzten Schuhen

Von Christina Böck

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In solchen Situationen merkt man, dass die deutsche Medienlandschaft doch ein anderes Kaliber ist als die hiesige. Unter den Kulturjournalisten Österreichs würde sicher mancher eine, sagen wir mal, schillernde Romanfigur hergeben. Aber bis jetzt hat noch keiner einen Kollegen in einem Buch um die Ecke gebracht. Wie es nun Frank Schirrmacher ergangen ist. Vor ein paar Tagen hat der Investigativ-Literaturkritiker der "Welt" herausgefunden, dass es sich beim Mordopfer im Krimi "Der Sturm" um den "FAZ"-Herausgeber handeln könnte. Also um eine verklausulierte Version von ihm. Und eine ziemlich tote. "Ein abgenagter Schädel", ein "wirrer Haufen aus weißroten Fleischresten und Knochen". Die ganze Schweinerei steckt immerhin in gut geputzten Schuhen. Sie gehören einem "Chef einer Zeitung, die in ganz Deutschland gelesen wird". Besonders pikant wird die Geschichte dadurch, dass sich der Chef des Feuilletons der "Süddeutschen Zeitung", Thomas Steinfeld, dazu bekannt hat, diesen Krimi unter dem Pseudonym Per Johansson geschrieben zu haben. Er hat die "FAZ" einst im Streit verlassen.

Das deutsche Feuilleton - also mit Ausnahme von "FAZ" und "Süddeutscher" - schreibt nun händereibend einen knackigen Skandal à la "Tod eines Kritikers" herbei. Damals hatte sich Steinfeld übrigens auf die Seite Martin Walsers gestellt - während Schirrmacher die Abrechnung mit Marcel Reich-Ranicki verurteilt hatte. Im Vergleich zu diesem ausgewachsenen Literaturskandal ist der "Sturm" freilich eine leichte Brise. Und so gesehen: genau richtig fürs Sommerloch.