Zum Hauptinhalt springen

Schweinsbraten, veröffentlichte Ehe-Krise und gescheiterte Gesundheitsreform: Andrea Kdolsky

Von Katharina Schmidt

Politik

Anfang 2008 geisterte ein E-Mail durch das Internet: Ein Witz über die kürzesten Werke der Weltliteratur. Darunter war neben einem englischen Kochbuch und der Kulturgeschichte der USA auch die Bilanz des Gesundheitsministeriums für das Jahr 2007. Nicht lustig - tragikomisch.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ganze zwei großzügig bedruckte DIN-A4-Seiten benötigte man für die Errungenschaften Andrea Kdolskys, etwa die Jugendschutz-Initiative "Nachdenken statt Nachschenken". Keine Erwähnung fanden hingegen die angedachten bunten Ausweise für Jugendliche und die ebenfalls gefloppte Kampagne "Ka Tschik ist an" gegen Rauchen im Auto.

Dass unter Kdolsky in Sachen Gesundheit gar nichts weitergegangen ist, kann man aber auch nicht sagen. Etwa hat sie 2007 den Rezeptgebührendeckel für alle eingeführt. Das heißt: Kein Österreicher muss mehr als zwei Prozent seines Jahres-Netto-Einkommens für Rezeptgebühren ausgeben.

Und: Der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes wurde flexibilisiert. Zu dem bisher gewohnten Modell (30 Monate plus 6 Monate für den Partner, monatlich 436 Euro) sind am 1. Jänner 2008 zwei Varianten dazu gekommen: 20 Monate plus 4, monatlich 624 Euro; und 15 plus 3, monatlich 800 Euro. Doch keine Rose ohne Dorn: Trotz gegenteiliger Ansagen des Ex-FPÖ-Sozialministers Herbert Haupt gab sich Kdolsky hart, ließ die Einhaltung der Zuverdienstgrenze kontrollieren - und kassierte Rückforderungen in der Höhe von bisher rund 942.000 Euro.

Nichtraucher-Schutz

Ein letzter Semi-Erfolg für die Gesundheitsminsterin: Das Nichtraucher-Schutz-Gesetz, das gerade noch in einer der letzten Plenarsitzungen beschlossen wurde. Ab 2009 muss es in fast allen Lokalen, die größer als 50 Quadratmeter sind, räumlich getrennte Raucherzimmer geben.

In Sachen Nichtraucherschutz hatte Kdolsky ohnehin einen schweren Start - hat die nach eigenen Worten "Gelegenheitsraucherin" dieses Laster doch erst aufgegeben, als der öffentliche Druck auf die qualmende Gesundheitsministerin zu groß wurde. Die Anästhesistin ist generell kein Kostverächter: Kurz nach der Bildung der Koalition outete sie sich als "leidenschaftliche Schweinsbraten-Esserin" - um Ende 2007 gar ein eigenes Schweinsbraten-Kochbuch zu veröffentlichen. Auch sonst erfuhr die Öffentlichkeit oft mehr aus dem Privatleben der Andrea Kdolsky als nötig. Unvergessen bleibt das Interview in der sonntäglichen Radiosendung "Frühstück bei mir", in dem sie nicht nur ihre Scheidung von Ehemann Nummer zwei, Richard Kdolsky, eingestand, sondern auch bereitwillig eine Badewannen-Homestory zum Besten gab. Das wiederum veranlasste das "Profil" zu einer nicht gerade schmeichelhaften, aber äußerst memorablen Badeschaum-Runzelzehen-Karikatur.

Den Titel "Pausenclown" - verliehen von der SPÖ - zog sich die bei Karikaturisten immer sehr beliebte Ministerin aber mit einer anderen Aktion zu: Dem Verteilen von Kondomen in Schulen.

Schweige-Gebot?

Der vorerst jüngste Schwank aus Kdolskys (45) Leben ist ihre Beziehung zu Philipp Ita, Ex-Kabinettschef im Innenministerium, der durch die Vorwürfe von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger öfters in die Negativ-Schlagzeilen geriet. Zwar ist diese Liaison längst allseits bekannt; dass es nichts Neues gibt aus dem Hause Kdolsky, liegt aber an einem kolportierten Schweige-Gebot, das Parteichef Wilhelm Molterer seiner Stellvertreterin auferlegt haben soll.

Innerparteilich hat die Ministerin ebenfalls einen schweren Stand: Ihre liberale Einstellung zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften und das kurzfristige Eintreten dafür, dass die Zahnversorgung auf Krankenkassen-Kosten gehen solle, kommentierte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf damit, er könne "diese Frau nicht mehr ernst nehmen".

Denn immerhin kam die Ansage zu einem Zeitpunkt, als sich die finanzielle Misere der Wiener Gebietskrankenkasse schon mehr als abzeichnete. Kdolskys Härte gegenüber den Ärzten war es denn auch, die das größte Projekt ihrer Amtszeit, die Gesundheitsreform, scheitern ließ. Sie rückte zwar von einigen Forderungen wie den Ambulanzzentren, die 2009 die Arztpraxen ersetzen sollten, ab. Übrig geblieben sind von der großen Reform aber nur mehr Rumpfideen wie Patientenquittung und Aut-idem-Regelung - sowie die Bilder von geschlossenen Praxen und tausenden Demonstranten in weißen Kitteln. Umgesetzt wurde gar nichts, die WGKK könnte bald Konkurs anmelden.

Kdolsky selbst hat hingegen bereits angekündigt, Ministerin bleiben zu wollen. Ob ihr das gelingen wird, ist freilich mehr als fraglich.

analyse@wienerzeitung.at