Skeptiker warnen vor Anstieg der Kriminalität. | Bern. (apa) Am 8. Februar stimmen die Eidgenossen über die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien sowie die generelle Weiterführung des Abkommens mit der EU ab. Unter dem Strich geht es um einiges mehr: Die Befürworter warnen, bei einem Nein falle auch die Fortsetzung eines gewichtigen Teils der bilateralen Verträge mit Brüssel weg, die Gegner stellen das infrage. Jüngst warnte der tschechische Außenminister und EU-Ministerratsvorsitzende Karel Schwarzenberg, dieser Glaube sei "eine Illusion".
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Wie gewöhnlich bei einem europapolitischen Urnengang bringt auch die kommende Abstimmung das Blut der Schweizer in Wallung. Die Skeptiker mit der rechtsbürgerlichen Schweizerischen Volkspartei (SVP) an der Spitze warnen nicht zuletzt vor mehr Kriminalität, vor einer Masseneinwanderung aus den beiden neuen EU-Staaten und einer zusätzlich erhöhten Arbeitslosigkeit durch den Druck der Wirtschaftskrise. Zugleich schüren sie die Angst vor den Roma.
Die Befürworter mit der Regierung (Bundesrat), dem Gros der Parteien und der Wirtschaft auf ihrer Seite befürchten ernsthafte ökonomische Konsequenzen durch ein Abseitsstehen. Der Grund dafür: Die Personenfreizügigkeit ermöglicht in einem Paket mit sechs weiteren Abkommen, den sogenannten "Bilateralen I", einen weitgehenden Zugang der Schweizer Wirtschaft zum EU-Binnenmarkt. Rechtlich durch eine "Guillotine-Klausel" miteinander verknüpft, enden alle Teilverträge, falls einer davon ausläuft. Für Experte Laurent Goetschel vom Europainstitut der Universität Basel besteht kein Zweifel, dass es im Falle eines Neins so weit kommen würde, wie er gegenüber der APA erklärte.
Die SVP begann ihren Kampf gegen die ursprünglich in zwei Vorlagen getrennte Frage über die generelle Weiterführung und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit erst spät. Im vergangenen Juni schnürte das Parlament daraus ein Paket, worauf andere Parteien das Referendum ergriffen.
Ursprünglich wollte die SVP nur die Ausdehnung auf die zwei neuen Mitglieder verhindern, doch nach einem heftig kritisierten Zickzackkurs stellte sich auch die Partei um Vordenker Christoph Blocher gegen das ganze Paket, das in seinen Augen "undemokratisch und verfassungswidrig" ist. Die Regierung verteidigt die Paketlösung damit, dass man die Personenfreizügigkeit bei einer Weiterführung auch bei allen EU-Staaten anwenden müsse.
Das Ergebnis der Abstimmung ist offen. Die letzte repräsentative Umfrage ergab einen ungefähren Ja-Stimmenanteil von 50 Prozent gegenüber 43 Prozent Nein.