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Schweizer Bundespräsident Ogi verlässt Regierung

Von Ines Scholz

Politik

Bern - Der Schweizer Verteidigungsminister Adolf Ogi hat nach 13-jähriger Amtsdauer im Bundesrat (Landesregierung) am Mittwoch überraschend seinen Rücktritt mit Ende des Jahres angekündigt. Ogi gehört der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) Christoph Blochers an und hat bis Ende Dezember auch das Amt des Bundespräsidenten inne. Die Bundesversammlung wird am 6. Dezember über die Nachfolge Ogis entscheiden.


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Nach einer Meldung des Fernsehsenders der französischsprachigen Schweiz "Television Suisse Romande" ist der Anlass für seine Demission eien Volksinitiative der Sozialdemokraten (SP) zur Halbierung der Militärausgaben. Über die Initiative soll am 26. November ein Referendum stattfinden.

Doch viele Beobachter orten hinter Ogis Entscheidung vielmehr seine Unzufriedenheit mit dem ausländerfeindlichen Kurs Blochers. Ogi war zu seiner eigenen Partei, der SVP, in jüngster Zeit deutlich auf Distanz gegangen und hatte die Parteiführung aufgefordert, dass sie sich klar gegen Rechtsextremisten abgrenzt. Er richtete diesbezüglich vor drei Wochen sogar ein viel beachtetes Schreiben an den SVP-Parteipräsidenten Ueli Maurer.

Die SVP war aus den Nationalratswahlen vom Herbst vorigen Jahres - nach einem aggressiven Wahlkampf mit dem Zürcher Unternehmer Christoph Blocher als Zugpferd - mit 22,5 Prozent knapp als stimmenstärkste Kraft vor der SP hervorgegangen. Dennoch stellt sie - in der Person Ogis - nur ein Mitglied des siebenköpfigen Bundesrats. Der rechtspopulistische Kurs Blochers war in den übrigen im Bundesrat vertretenen Parteien auf heftige Kritik gestoßen. Mit entsprechendem Bedauern reagierten die übrigen Regierungs auf Ogis angekündigten Rücktritt. Bundesratssprecher Achille Casanova sagte, in der Regierung habe eine sehr gedrückte Stimmung geherrscht.

Ogi selbst, der Ende Oktober 1995, nach acht Jahren an der Spitze des Verkehrs- und Energieressorts, äußerst widerwillig ins Militärdepartement übersiedelt war, machte bei der Verkündung seiner Entscheidung hingegen einen erleichterten Eindruck: Er gehe nach 13 Amtsjahren "wie ein Sportler auf dem Höhepunkt seiner Karriere", erklärte er gegenüber den Journalisten. Über seine Zukunft schwieg er sich aus, er sagte lediglich, es werde "nicht nur den Privatmann Ogi" geben. Dem ehrgeizigen Hobbysportler und einstigen Direktor des schweizerischen Skiverbandes wird eine Zukunft in der UNO vorausgesagt.

Er trat international als Fürsprecher seines Landes in der Welt hervor. Der 58-jährige Berner Oberländer hatte in seiner Neujahrsansprache zum Millennium am 1. Jänner sein Credo verkündet: "Im Konzert der Nationen können wir nicht als Ängstliche, als Nörgler und Sattgewordene bestehen". Respektiert werde in der Welt nur, wer solidarisch bei der Herstellung von Frieden, Stabilität, Wohlstand und Frieden mitwirke und dabei auch Risiken mittrage. Zu seinen internationalen Gesprächspartnern zählte neben US-Präsident Bill Clinton vor allem UN-Generalsekretär Kofi Annan. Seine parteiinternen Gegner warfen ihm vor, dass er lieber auf internationalen Hochzeiten tanze als auf heimischem Boden.