Wettbewerbsnachteil durch hohe Energiekosten. | Wien. Für die Hersteller von Schweizer Schokolade, Taschenmessern oder Uhren ist die Welt in Ordnung. Schon viel missmutiger blicken energieintensivere Industriebetriebe auf den Produktionsstandort Schweiz.
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Die Alpenrepublik hat Anfang 2010 ihre CO2-Abgabe auf Brennstoffe verdreifacht. Pro ausgestoßener Tonne CO2 müssen energieintensive Betriebe demnach 36 Franken (rund 25 Euro) hinlegen. In der österreichischen CO2-Steuerdiskussion ist derzeit von 10 Euro je Tonne die Rede.
Neu ist in der Schweiz auch die Teilzweckbindung: So sollen innerhalb von zehn Jahren mit einem Drittel der Einnahmen klimafreundliche Gebäudesanierungen finanziert werden.
Während Umweltvertreter den Schritt als "wichtige Maßnahme zum Klimaschutz" preisen, sprechen Betriebe von "industriefeindlichen Rahmenbedingungen" in der Schweiz - nicht ohne auch bereits erste Konsequenzen zu ziehen.
So schloss der österreichische Kartonhersteller Mayr Melnhof (MM) diese Woche seine Schweizer Kartonfabrik in Deisswil. 255 Beschäftigte verloren ihren Job. Als Grund für die Abwanderung nannte MM-Vorstandsvorsitzender Wilhelm Hörmanseder die hohen Umweltabgaben. Der drastische Anstieg der Schweizer CO2-Abgabe habe Ende 2009 infolge der massiven künftigen Ertragsbelastung eine Wertberichtigung von 14,2 Millionen Euro notwendig gemacht.
Verlagerung derProduktion ins Ausland
"Wir bemerken zwar noch keine flächendeckende Abwanderung von energieintensiven Betrieben", erklärt Henrique Schneider, Umweltexperte vom Schweizerischen Gewerbeverband, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Tatsache sei aber, dass einige internationale Unternehmen bereits begonnen hätten, Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern. Das treffe vor allem auf die Papierbranche, aber auch auf Metall verarbeitende Betriebe und Maschinenbauer zu. Schneider sieht weniger den Unternehmensstandort Schweiz als die Wettbewerbsfähigkeit bestimmter Unternehmen gefährdet. Aus seiner Sicht ist eine verpflichtende CO2-Abgabe, die 2005 eingeführt wurde, künftig für die Schweiz nicht mehr notwendig. Sie hätte nur zwischen fünf und zwölf Prozent zum Erreichen des Schweizer Kyoto-Ziels (20 Prozent CO2-Einsparung gegenüber 1990) beigetragen. Den Großteil der Treibstoffreduktionen hätten freiwillige Maßnahmen der Betriebe wie der "Klimarappen" oder die Einführung einer Energieberatungsagentur für die Wirtschaft bewirkt.
Österreichische Betriebe haben derzeit rund 170 gemeldete Niederlassungen in der Schweiz. "Der Großteil davon sind Vertriebs- und Servicefirmen und weniger Produktionsbetriebe", erklärt Gudrun Hager, WKO-Handelsdelegierte in der Schweiz. Weitere Abwanderungspläne österreichischer Firmen aufgrund der hohen Energiekosten sind ihr nicht bekannt.