Zum Hauptinhalt springen

Schwerarbeiter in der Schule

Von Barbara Ottawa

Politik

Lehrerinnen und Lehrer müssen immer öfter mit großem Stress und einer hohen Belastung zurecht kommen. So das Fazit von Pädagogen und Psychologen. Vor allem in der Stadt, wo zwar rein rechnerisch jedes Jahr weniger Kinder zur Welt kommen, die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klassenzimmer aber stetig ansteigt, befinden sich viele Lehrkräfte am Rande des Burn-out. Das Pädagogische Institut (PI) der Stadt Wien ist sich der Problematik bewusst und versucht zu helfen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Großen Beifall unter den anwesenden Lehrerinnen und Lehrern erzielte der Vortragende Robert Vitek von der Österreichischen Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsberatung, als er aus dem Buch "Wie kommt Lernen in die Schule?" der Autorin Marlies Krainz-Dürr zitierte. Sie schreibt, dass "Professionalität in der Schule oft durch Engagement ersetzt" wird, allerdings werden "strukturelle Defizite" nur solange durch persönlichen Einsatz ausgeglichen, "bis der Atem derjenigen, die diesen leisten, erschöpft ist".

Das PI hatte letzte Woche zum "Di@log PersönlICH SEIN" geladen, bei dem man sich in über 40 Workshops Tipps für sich selbst, den Unterricht und für die Begleitung im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler holten konnte. Gekommen waren über 500 Lehrerinnen und Lehrer, sowie Schulleiterinnen und Schulleiter mit unterschiedlichster Berufserfahrung.

"Die Veranstaltung ist ein großer Erfolg", zeigte sich der Direktor des PI, Paul Kral, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zufrieden. Viele Lehrkräfte müssten lernen, ihre eigene Persönlichkeit zu erkenne, damit sie dann den Umgang mit anderen beeinflussen könnten. Das helfe bei der Bewältigung von Konflikt- und Stresssituationen.

Unter diesem Motto wurden Workshops zu Themen wie Konfliktlösung, Selbstmanagement, Führungstechniken, Zeitmanagement, Teamfähigkeit oder Motivation angeboten.

Mehr Organisation?

Überrascht zeigte sich Vitek, dass seine Idee einer Supervision für Lehrkräfte, ähnlich wie sie in Sozialberufen Pflicht ist, bei den Anwesenden ebenfalls großen Anklang fand. "Ich wundere mich wirklich, wie sie ihren Job ohne Supervision schaffen", so Vitek. Doch er warnte davor, dass eine Änderung der Schulorganisation dazu führen würde, dass Professionalität und Leistungsdifferenzierung einen höheren Stellenwert bekämen, als Engagement - was es für viele Lehrkräfte schwerer machen würde.

Auch Kral, könnte sich eine Art Supervision oder ein Coaching für Lehrerinnen und Lehrer vorstellen. In den letzten Jahren seien solche unterstützenden Gesprächsmöglichkeiten aus budgetären Gründen immer weniger geworden. Jedoch sprach sich Kral gegen verpflichtende Persönlichkeitsbildungskurse aus. Die Fortbildung sei eine wichtige Selbstverpflichtung, die man als Pädagoge habe.

Weniger Lehrkräfte

Als großes Problem sieht man auch am PI die Einsparungen bei Lehrerposten - wobei Kral für Herbst weitere Kürzungen erwartet. Dadurch seien viele Lehrerinnen und Lehrer gezwungen, viel zu viele Schülerinnen und Schüler in einer Klasse zu unterrichten. Das PI gibt deshalb derzeit einen großen Teil seines Budgets für Vor-Ort-Unterstützung aus.

"Wir gehen an die Schulstandorte und tragen zur Kommunikation bei oder geben Input zur Schulentwicklung", erläutert Kral. Ein wichtiger Schritt sei die Ermöglichung einer engeren Zusammenarbeit von Jahrgangslehrkräften. Das meiste in Sachen burn-out Prophylaxe müssten aber die Lehrkräfte selbst unternehmen, ist auch Vitek überzeugt, denn "engagierte Lehrende leisten Nachtschicht/Schwerarbeit", aber die "Lüge vom Halbtagsjob" existiere allgemein noch immer.

Schule von heute

Vor allem fehle es an Unterstützungsmaßnahmen für Kinder, die nicht Deutsch sprechen oder die aus schwierigen sozialen Verhältnissen kommen, betont PI-Direktor Kral.

Irene Prokop, Vortragende bei der PI-Veranstaltung, sieht als einen der wichtigsten Ansätze die Verbesserung der Kommunikation zwischen Lehrenden und Schülerinnen und Schülern sowie Eltern. "Lehrer müssen lernen, auf den Schüler zuzugehen." Dazu müssten die Pädagogen zunächst vor allem abschätzen können, welche Autorität sie selbst darstellen.

Prokop sieht eine gute Resonanz in der Lehrerschaft auf die Seminare des PI und so ist es nicht verwunderlich, dass die Befragung einiger Anwesender am Tag "Di@log PersönlICH SEIN" ergeben hat, dass die Mehrheit die Möglichkeit, neue Denkanstöße zu bekommen gerne und dankbar nützt. Ein paar bleiben jedoch skeptisch, ob die Tipps und Methoden der Fachleute in der Praxis immer umsetzbar sind.

"Ich bin hier, damit ich weiß, welche Veranstaltungen ich im Laufe der nächsten Monate am PI besuche oder welche ich meinen Lehrkräften empfehle", so eine Volksschulleiterin. Neben Veranstaltungen über die eigene Persönlichkeitsbildung bietet das PI aber auch in vielen anderen Feldern Unterstützung für Lehrkräfte.

http://www.pi-wien.at