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Strafanzeige gegen AWD-Gründer und Manager - Vorwürfe werden bestritten.
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Wien. Das rechtliche Match zwischen dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und dem umstrittenen Finanzstrukturvertrieb AWD, ein Unternehmen der Swiss Life-Gruppe, wird härter. Hat der VKI vor zweieinhalb Jahren mit fünf Sammelklagen für rund 2500 AWD-Kunden mit dem Vorwurf systematischer Fehlberatung eine Klagsoffensive eröffnet, so ist nun der AWD auch ein Fall für die Staatsanwaltschaft Wien.
Wie die deutsche Illustrierte "Stern" berichtet, hat der VKI bereits im April eine 83-seitige Strafanzeige gegen den AWD-Gründer Carsten Maschmeyer und 19 weitere AWD-Manager eingebracht. Der Verdacht: schwerer gewerbsmäßiger Betrug beim Verkauf von Immofinanz- und Immoeast-Aktien. So sollen die geschäftstüchtigen AWD-Macher Anleger in betrügerischer Absicht getäuscht haben, um hohe Provisionen zu lukrieren. Die Vorwürfe werden vehement bestritten.
Bereits 20 Verdächtige
Mittlerweile ermittelt die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) gegen Maschmeyer & Co. Dem Vernehmen nach wurden nicht nur die ersten Zeugen einvernommen, sondern der VKI hat der Anklagebehörde anscheinend auch einen gebürtigen Deutschen und früheren hohen AWD-Manager, der das AWD-Vertriebssystem vor Jahren in der Schweiz aufgebaut haben soll, als Art Kronzeuge zugeführt. Denn die Strafanzeige soll sich unter anderem auf dessen interne Kenntnisse stützen.
Demnach soll der AWD die Berater zu aggressiven Verkaufsaktivitäten veranlasst und durch Provisionsvorauszahlungen sogar abhängig gemacht haben. Zugleich wird dem AWD vorgeworfen, das Kundeninteresse vernachlässigt zu haben, und "stattdessen habe man Immobilienaktien übergewichtet, weil diese höhere Provisionen gebracht hätten", berichtet die Austria Presse Agentur.
Gastredner in Österreich
Der schillernde Mastermind des umstrittenen Strukturvertriebs, Maschmeyer, sei eine Art besonders ausgekochter Verkaufsguru. 2008 verkaufte er seinen Strukturvertrieb an die Swiss Life-Gruppe und ist dort in den Verwaltungsrat eingetreten. Maschmeyer trat hierzulande zuletzt im Vorjahr auf einer Vertriebstagung des AWD Österreich als Gastredner auf, wie AWD-Sprecher Hansjörg Nagelschmidt gegenüber der Wiener Zeitung bestätigte.
Für den VKI-Juristen Peter Kolba zieht Maschmeyer aber nach wie vor im Hintergrund die Fäden. "Bei den angeführten Punkten, die angeblich Gegenstand der Strafanzeige sein sollen, handelt es sich offenkundig um die bereits bekannten haltlosen Vorwürfe, die der VKI seit mehreren Jahren ohne Erfolg gegen AWD Österreich erhebt", kontert AWD-Sprecher Nagelschmidt.
Nächste Woche Prozess
Indes findet am 7. Dezember die nächste Verhandlung in der Sammelklage II des VKI gegen den AWD am Handelsgericht Wien statt. Die VKI-Klagen finanziert der deutsche Prozessfinanzierer Foris.
Doch der Vorwurf der systematischen Fehlberatung von Immofinanz-Anlegern wurde bisher noch gar nicht verhandelt, sondern es geht bisher nur um formale Einwände.
"Wir müssen in dieser Verhandlung das vom AWD an den Haaren herbeigezogene Argument abarbeiten, dass es in Österreich verboten sei, eine Prozessfinanzierung gegen eine Erfolgsquotenvereinbarung zu machen", sagt Kolba zur "Wiener Zeitung". "Das Argument wird nicht halten, aber es bewirkt, dass bis zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs alles stillsteht." Nachsatz: "Es geht ausschließlich um Verzögerung. Wir haben die unbefriedigende Situation, dass wir vor zweieinhalb Jahren die Sammelklagen eingebracht haben, aber bisher nur über die Einwände des AWD verhandelt wird und kein einziger Geschädigter einvernommen wurde."
Für Kolba ist es sehr ärgerlich, dass es die seit Jahren geforderte Gruppenklage nach wie vor nicht gibt.