Länder warnen vor hohen Mehrkosten durch neue gesetzliche Regeln bei Kreuzungen.
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Die neuen Bestimmungen sollen Verbesserungen für die zunehmende Zahl an Radfahrern bringen und auch Erleichterungen für Fußgänger schaffen. Das ist zumindest die Absicht von Infrastruktur- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Allerdings führt das zu einem Frontalzusammenstoß mit einigen Bundesländern, allen voran Wien und Niederösterreich. Wien befürchtet speziell durch baulich notwendige Maßnahmen Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe. Auch Niederösterreich warnt vor einem "wesentlichen finanziellen Aufwand" für die Straßenerhalter.
Anlass für die schwere Kollision mit der Ministerin ist eine Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO), für die die Begutachtungsfrist am Mittwoch ausgelaufen ist. Darin finden sich neue Rechte für Radfahrer, bei denen Zündstoff absehbar war. So sollen Radfahrer künftig gegen jede Einbahn fahren dürfen, wenn diese mindestens 4 Meter breit ist und Tempo 30 gilt. Das müsste die Behörde verpflichtend vorschreiben. Kfz-Lenker müssten beim Überholen von Radfahrern im Ort einen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern und außerhalb des Ortsgebiets von 2 Metern einhalten. Rechtsabbiegen bei Rot würde Radfahrern unter bestimmten Umständen erlaubt. Für Fußgänger sind günstigere Ampelschaltungen vorgesehen, Behinderungen für diese auf Gehsteigen würden außerdem strenger untersagt.
Widerstand gegen neue Vorschriften bei Kreuzungen
Die Stadt Wien kracht mit der Ministerin nach dem Konflikt um die Stadtstraße einmal mehr aneinander. Das betrifft insbesondere die geplante Vorschrift, das Sichtfeld für Radfahrer an Kreuzungen ohne Ampelregelung durch Parkverbote von 5 auf 8 Meter zu erweitern. Ein entsprechender Auftrag an die Straßenverkehrsbehörde werde "strikt abgelehnt", wird in der Stellungnahme betont. Denn entsprechende Umbauten seien weder in einer Übergangsfrist bis 1. März 2024 noch längerfristig bewerkstelligbar. Die Mehrkosten beziffert die Stadt Wien mit 110 Millionen Euro.
Auch weiteren Änderungen zugunsten von Fußgängern wird eine Absage erteilt, weil schon bisher bei schräg und senkrecht zur Fahrbahn parkenden Fahrzeugen ein "Überhang" von 0,5 Metern vorgesehen sei. Davon könne "nicht schlagartig" abgewichen werden, weil sonst nur mehr Kleinwagen abgestellt werden könnten. In Wien wären demnach bis zu 115.423 Stellplätze betroffen, wird angeführt.
Was die Ausweitung des Sichtfeldes für Radfahrer an Kreuzungen auf 8 Meter betrifft, kommt es auch zur Kollision mit der niederösterreichischen Landesregierung. Diese wendet sich mit dem Verweis auf einen "wesentlichen finanziellen Aufwand" für Straßenerhalter dagegen. Mit dem "hohen Aufwand" für eigene Ampelanlagen mit einem grünen Pfeil wird auch das Rechtsabbiegen bei Rot für Radler von Niederösterreich abgelehnt. Ein 2-Meter-
Abstand beim Überholen von Radfahrern auf schmaleren Freilandstraßen sei außerdem nicht vollziehbar und durch die Exekutive kaum kontrollierbar. Niederösterreichs SPÖ-Landeschef Franz Schnabel legte nach, es sei "immer ratsam mit den Ländern Kontakt aufzunehmen", bevor leichtfertig deren Geld ausgegeben werde.
Die Wirtschaftskammer steht dem Plan, dass Radfahrer vermehrt in Einbahnen gegen die Fahrtrichtung fahren dürfen, mit massiven Vorbehalten gegenüber. Die Einhaltung eines größeren Mindestabstands beim Überholen von Radfahrern werde "schwierig zu exekutieren" sein. Was mehr Platz für Fußgänger auf Gehsteigen betrifft, so würde das in Städten "praktisch alle Schrägparkordnungen verunmöglichen" .
Auch Zustimmung zu Plänen der Ministerin
Die Arbeiterkammer begrüßt ausdrücklich, dass Radfahrer Einbahnen auch gegen die Fahrtrichtung befahren dürfen. Das Rechtsabbiegen bei Rot berge jedoch für Radler ein zusätzliches Gefährdungspotenzial. Zustimmung zu den Regeln Gewesslers kommt nicht nur ausdrücklich von Vertretern der Radlobby. So zeigt sich das Kuratorium für Verkehrssicherheit "erfreut" übe die geplante Einführung eines konkreten Mindestabstands beim Überholen von Radfahrern. Begrüßt wird auch eine Ausweitung des Halte- und Parkverbots von 5 Metern an Kreuzungen für ein größeres, freies Sichtfeld für Radfahrer.
Der Rechtsanwaltskammertag macht grundsätzlich geltend, Vorschriften könnten nur so gut greifen, so gut sie kontrolliert werden. So sei in Städten immer wieder zu beobachten, dass Fußgängerzonen und Parks trotz Fahrradverbots ohne behördliches Einschreiten befahren würden.