Die Diskussion über die Ausschreitungen im Zuge der Heldenplatz-Demos vergangenen Samstag gipfelte gestern in schweren Vorwürfen - vor allem seitens der Koalitionsparteien gegen Politiker der Opposition, die an der Kundgebung teilgenommen hatten. Die Exekutive hat indessen den Fehler eingestanden, sich zu früh zurückgezogen zu haben und eine Gruppe von Skinheads, die Naziparolen skandierend durch die Kärntner Straße gezogen war, nicht verfolgt zu haben.
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Rund 100 Skinheads waren, Augenzeugen zufolge, im Anschluss an die Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung mit Parolen wie "Sieg Heil", "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" durch die Wiener Innenstadt gezogen. "Hätten wir ahnen können, dass es hier doch zu Parolen kommt, und vielleicht zu Belästigungen von Touristen, wären wir mit uniformierten Polizeikräften an diesem Zug drangeblieben", gestand Einsatzleiter Karlheinz Zeiler im Ö1-"Mittagsjournal" den Fehler ein, sich zu früh zurückgezogen zu haben. Ein im ORF ausgestrahltes Amateurvideo zu den Ausschreitungen soll nun ausgewertet werden.
Innenminister Ernst Strasser verteidigte das Verhalten der Sicherheitsexekutive. Die Polizei sei "gut vorbereitet" gewesen, grundsätzlich könne man jedoch nicht überall sein. Scharfe Kritik übte er an den Demonstranten beider Seiten: "Pflastersteine von Links, Parolen von Rechts - beides ist scharf zu verurteilen". Die Frage, ob die Kundgebung von Rechtsextremen nicht verboten hätte werden sollen, beantwortete Strasser damit, dass die Polizei "politisch nicht zu werten" habe.
Anders sieht dies neben den Oppositionsparteien auch der wissenschaftliche Leiter des Dokumentationsarchives des Österreichischen Widerstandes, Wolfgang Neugebauer. Er kritisierte, dass "die Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung trotz deren bereits im Vorfeld erkennbare neonazistische Stoßrichtung am 13. April stattfinden konnte". Dass diese noch dazu am Heldenplatz über die Bühne gegangen sei, habe "eine negative Signalwirkung weit über die Grenzen Österreichs hinaus", so der DÖW-Leiter. Auch SPÖ und Grüne reagierten mit dem Vorwurf, die Kundgebung der Gegner der Ausstellung nicht im Vorfeld verboten zu haben. Sowohl SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim als auch der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger hatten an der linksgerichteten Demo teilgenommen.
ÖVP und FPÖ zeigten sich empört. "Das Problem ist, dass eine Aktionsgemeinschaft von Grünen, linken Chaoten und gewaltbereiten Anarchisten offenkundig unter Beteiligung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger gewalttätig gegen die Polizei vorgegangen ist", meinte Khol. Westenthaler ortete ein "Polit-Meeting innerhalb der gewalttätigen Demonstranten" - "Brutalinskis und Verbrecher" hätten "auf die Exekutive losgedroschen".
Jarolim bedauerte gestern zutiefst, dass es durch eine Minderheit zu Gewalttätigkeiten gekommen war. Öllinger wies den Vorwurf, er sei mit gewaltbereiten Aktivisten gegen die Polizei vorgegangen als "absurd" und "Erfindung" zurück. "Gewalttätig war nicht ich, sondern der Fußtritt eines Polizisten". Von den Ziegelsteine werfenden Demonstranten distanzierte sich der Grüne.
Politische Konsequenzen wollten die Klubchefs noch nicht im Detail nennen, jedoch lautet eine Forderung Westenthalers: "Man müsste viel mehr Demos untersagen, wo Gewalttätigkeit vorherzusehen ist". Die Diskussion wird morgen im Nationalrat ihre Fortsetzung finden, an diesem Tag soll auch über die Rechtsschutz-Versicherung für Sicherheitsbeamte debattiert werden.